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Tuberkulose-Betroffene leiden oft wegen falscher Behandlung

Die Resistenz gegen Tuberkulose-Antibiotika sowie die Ausbreitung von multiresistenten Keimen ist laut WHO eines der größten globalen Gesundheitsprobleme. © Liliia-Lysenko / iStock / Getty Images Plus

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Entwicklungsländer: Tuberkulose-Betroffene leiden oft wegen falscher Behandlung

Ungenügende Tests bei Tuberkulosekranken in Entwicklungsländern zeigen Resistenzen gegen Medikamente zu wenig an, was zu einer falschen Behandlung und zu einer höheren Sterblichkeit führt. Dies konnten Forschende unter Leitung der Universität Bern belegen.

Kathrin Zürcher © zvgKathrin Zürcher, MSc, ISPM Universität Bern. © zvg

Weltweit erkranken jährlich etwa zehn Millionen Menschen an Tuberkulose, mehr als 1,5 Millionen Menschen sterben daran. 87 Prozent der Betroffenen befinden sich in oder stammen aus Entwicklungsländern. Die Resistenz gegen Tuberkulose-Antibiotika sowie die Ausbreitung von multiresistenten Keimen ist laut World Health Organization (WHO) eines der größten globalen Gesundheitsprobleme.

Die WHO sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Qualität und Abdeckung der Diagnose und Behandlung von medikamentenresistenter Tuberkulose. Genau hier setzte eine vergleichende Studie unter Leitung des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) der Universität Bern an.

Sie verglich die Werte von Tests, die bei Patientinnen und Patienten in Entwicklungsländern mögliche Resistenzen ermitteln sollten, mit den Resultaten des Schweizer Tuberkulose-Referenzlabors in Zürich. Die Forschenden konnten erstmals zeigen, dass mit den Tests vor Ort viele Resistenzen unentdeckt bleiben, was zu einer falschen Behandlung der Kranken und entsprechend zu mehr Todesfällen führt. 

Fast doppelt so hohe Sterblichkeitsrate

Mann © Manu FriederichProf. Dr. Matthias Egger, ISPM Universität Bern. © Manu Friederich

In einer aufwendigen Studie sammelten und untersuchten die Forschenden über vier Jahre Proben und klinische Daten von 634 Patientinnen und Patienten aus stark betroffenen Ländern: Elfenbeinküste, Kongo, Kenia, Nigeria, Südafrika, Peru und Thailand. Die so erhaltenen Proben des bakteriellen Erregers Mycobacterium tuberculosis (Mtb) ließen sie am Nationalen Zentrum für Mykobakterien an der Universität Zürich analysieren.

Dieses diente als Referenzlabor und verglich die eigenen Ergebnisse mit denjenigen der Resistenz-Tests aus den verschiedenen Ländern. Gemäß dem Referenzlabor zeigte sich, dass sieben Prozent der Bakterienkulturen monoresistent waren, 26 Prozent multiresistent, und fünf Prozent waren extrem resistent. In 20 Prozent der Fälle gab es Abweichungen zwischen den Laboren vor Ort und dem Referenzlabor.

Von denjenigen Patientinnen und Patienten, bei denen Resistenzen nicht entdeckt wurden, und die daher ungenügend behandelt wurden, starben 53 Prozent. Die Sterblichkeitsrate war bei Patientinnen und Patienten, bei denen eine Abweichung zwischen den Testresultaten festgestellt wurde, fast doppelt so hoch als bei solchen, bei denen die Testresultate übereinstimmten.

Es braucht neue Tests

Prof. Dr. Matthias Egger © Manu FriederichProf. Dr. Matthias Egger, ISPM Universität Bern. © Manu Friederich

„Patientinnen und Patienten mit medikamentenresistenter Tuberkulose sind auf rasche Tests, auf einen unmittelbaren Start und vollständigen Abschluss einer Behandlung angewiesen", sagt Kathrin Zürcher vom ISPM, Ko-Erstautorin der Studie.

Die Behandlung einer medikamentenresistenten Tuberkulose dauert aber bis zu zwei Jahre und ist teuer, zudem mit vielen Nebenwirkungen versehen, und weist eine Erfolgsrate von rund 60 Prozent auf. „Umso wichtiger wäre eine korrekte Diagnose in den am stärksten betroffenen Ländern", sagt Kathrin Zürcher.

Die kulturbasierten Resistenz-Tests entsprechen zwar den bisherigen Empfehlungen der WHO, sind aber ebenso zeit- und ressourcenintensiv: Resultate gibt es erst nach acht Wochen, was einen raschen Start der richtigen Behandlung verunmöglicht. „Es braucht neue, umfassende molekulare Point-of-Care-Tests, die innerhalb von Stunden oder Tagen Resultate liefern", sagt Matthias Egger vom ISPM, Ko-Letztautor.

Noch viel Arbeit nötig

Die Forschenden empfehlen, mehr in diese molekular-basierten Tests zu investieren: „Die Sequenzierung der gesamten Bakterien-DNA ist am vielversprechendsten, um Mutationen und damit Resistenzen zu finden", sagt Marie Ballif, Ko-Erstautorin. „Aber es braucht noch viel Arbeit, um diese Tests in den am schwersten betroffenen Ländern durchführbar und erschwinglich zu machen".

In der Zwischenzeit sollte laut den Forschenden die Kapazität der bisherigen, von der WHO empfohlenen Tests verbessert werden, um die Behandlung von medikamentenresistenter Tuberkulose unter den gegebenen Umständen wirksamer zu machen. „Ohne Verbesserung der bestehenden und Investitionen in genauere und schnellere Tests ist die Ausbreitung der medikamentenresistenten Tuberkulose nicht unter Kontrolle zu bringen", sagt Matthias Egger.

Die Studie ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Nationalen Zentrum für Mykobakterien der Universität Zürich, dem Swiss Tropical and Public Health Institute (Swiss TPH) und der International epidemiology Databases to Evaluate AIDS (IeDEA). Weiter wurde die Studie finanziell vom Schweizerischen Nationalfonds SNF und den National Institutes of Health (NIH) der USA unterstützt.

Quelle: Universität Bern


Originalpublikation: Kathrin Zürcher et al., Drug susceptibility testing and mortality in patients treated for tuberculosis in high-burden countries: a multicentre cohort studyThe Lancet Infectious Diseases 2019

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