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Weniger Antibiotika für Kinder in stationärer Behandlung

Eine Behandlung mit Antibiotika ist nicht immer notwendig. © Ridofranz / iStock / Getty Images Plus

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Studie: Weniger Antibiotika für Kinder in stationärer Behandlung

Trotz aller Warnungen: Immer noch werden flächendeckend zu viele Antibiotika eingesetzt. Dass es auch anders geht, zeigt eine neue Studie des ARCIM Institute (Filderklinik), die (weltweit) erstmalig Hinweise gibt, dass sich selbst in der stationären Versorgung von Kindern mit bakteriellen Lungenentzündungen Antibiotika reduzieren lassen.

Das Ergebnis der Studie: Deutlich weniger Kinder als sonst üblich mussten antibiotisch behandelt werden. Bei allen Kindern wurden ergänzend anthroposophische Arzneimittel sowie äußere Anwendungen, zum Beispiel Brustwickel, eingesetzt. Die Behandlungen ohne antibiotische Therapie liefen ohne Komplikationen oder Spätfolgen ab.

Daten von 350 Kindern ausgewertet

Für die retrospektive Studie wurden die Daten von 350 Kindern, die in der anthroposophischen Filderklinik wegen Lungenentzündung stationär behandelt wurden, ausgewertet: „Wir waren selbst überrascht davon, wie hoch der Anteil der Kinder war, die allein mit integrativer Therapie ohne Antibiotika behandelt werden konnten. Bei der Subgruppenanalyse rein bakterieller Pneumonien lag der Anteil bei knapp 50 Prozent“, erklärt der Initiator und Erstautor der Studie, Dr. med. Jan Vagedes, Leitender Arzt der Abteilung für Kinderheilkunde und Leiter des Forschungsinstitutes ARCIM an der Filderklinik und ergänzt: „Trotzdem gilt: Antibiotika sind und bleiben extrem wichtige Medikamente. Das Motto sollte lauten: So viel wie nötig, so wenig wie möglich!“

Das Ergebnis lässt aufhorchen, auch wenn wissenschaftlich noch viel zu tun bleibt: „Die Studie ist ein erster, aber ermutigender Schritt, um wissenschaftlich zu analysieren, welche Strategien sinnvoll sein können, um die Zahl der antibiotischen Therapien zu reduzieren“, so Vagedes weiter. „Eine rückblickende Untersuchung wie unsere Studie kann natürlich nur einen Teil der Fragen klären, aber sie ist ein erster Schritt für weitere Forschung und sollte uns alle ermutigen, noch selbstkritischer über unseren Umgang mit Antibiotika nachzudenken.“

Genaue Beobachtung des Krankheitsverlaufes nötig

Der Wissenschaftler betont aber auch: „Für diese Art der Integrativen Medizin braucht es sehr viel klinische Erfahrung und eine sehr genaue Beobachtung des Krankheitsverlaufes des einzelnen Kindes. Einzuschätzen, wann ein Antibiotikum gegeben werden muss, ist eine Kompetenz, die wir in der Anthroposophischen Medizin extrem ernst nehmen und die wir seit Jahrzehnten einfordern und stärken. Wichtig ist uns darüber hinaus, auf akademischem Niveau selbstkritisch zu sein und zu bleiben, daher sind wissenschaftliche Evaluierungen so wichtig.“

Nun soll weiter geforscht werden: „Wir wissen zum Beispiel nicht, welches der ergänzend eingesetzten Verfahren dazu geführt hat, dass wir mit weniger Antibiotika ausgekommen sind. Und natürlich brauchen wir mehr Studien, die prospektiv, randomisiert, multizentrisch, am besten doppelt verblindet sind und damit ein höheres Evidenz-Level haben“, erläutert Vagedes weiter, der momentan mit seinem Team eine prospektive Studie vorbereitet, um die nun vorliegenden Ergebnisse zu vertiefen.

Quelle: Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland – DAMiD


Originalpublikation: Jan Vagedes et al.; A retrospective inpatient study; European Journal of Integrative Medicine, 2020, DOI: https://doi.org/10.1016/j.eujim.2020.101068

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