In der Immunabwehr ist Kommunikation entscheidend: Wenn zum Beispiel ein Virus eine Zelle infiziert, dann setzt die Zelle Signalmoleküle frei. Dadurch werden Abwehrzellen alarmiert, und in kürzester Zeit ist unser gesamtes Immunsystem aktiv. Immunzellen verarbeiten diese Signale insbesondere über den JAK-STAT-Signalweg – benannt nach Janus, dem zweiköpfigen römischen Gott des Anfangs und des Endes. Dieser Signalweg wirkt wie ein direkter Draht von der Signalerkennung zum Kern der Abwehrzellen, wo er eine Reihe von Genen aktiviert und die Zellen in den Angriffsmodus versetzt.
Selbst wenn gerade keine Gefahr droht, müssen unsere Abwehrzellen immer wachsam sein. Gleichzeitig dürfen sie keine Schäden durch unnötige Aktivität anrichten, wie es bei Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Wie unsere Abwehrzellen die Balance halten, ist bisher kaum verstanden.
Forschung zu Abwehrzellaktivierung
Ein Team von Wiener Forschungsgruppen hat nun in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Immunology“ eine Erklärung präsentiert: „Derselbe JAK-STAT-Signalweg, der die Abwehrzellen bei einer Infektion aktiviert, hält sie auch in Bereitschaft“ erklärt Christoph Bock, Principal Investigator am CeMM und Professor an der MedUni Wien. Die Abwehrzellen müssen daher bei einer Infektion nur die Intensität des Signalwegs erhöhen; das geht viel schneller, als einen Signalweg komplett neu anzuschalten.
Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, hat das Team zwölf verschiedene Maus-Modelle untersucht, bei denen jeweils eine Komponente des JAK-STAT-Signalweg genetisch verändert ist. Diese Mäuse wurden frei von Krankheiten aufgezogen und mit genetisch unveränderten Mäusen verglichen. Dabei fiel auf, dass diesen Mäusen die charakteristische Genaktivität und epigenetische Regulation des Bereitschaftszustands teilweise fehlte. Etwas Ähnliches passierte auch, wenn die Abwehrzellen aus ihrem natürlichen Umfeld gerissen und im Labor gehalten wurden: Sie verloren ihren charakteristischen Bereitschaftszustand und teilweise sogar ihre Identität als Abwehrzellen.
Genexpression und Epigenetik
Das Team analysierte die Gen-Expression und Epigenetik von Immunzellen und Gewebe-Proben, die von 7 Forschungsteams aus Wien gesammelt wurden. „Unsere Analysen waren nur durch die Etablierung einheitlicher Laborstandards sowie robuster statistischer Methoden möglich“, erklärt der Bioinformatiker Nikolaus Fortelny (Erstautor und mittlerweile Professor an der Uni Salzburg).
„Wir konnten zeigen, dass Signalwege wie JAK-STAT im Bereitschaftszustand andere Funktionen als während einer Immunantwort besitzen“, beschreibt der Molekularbiologe Matthias Farlik (ebenfalls Erstautor und mittlerweile Gruppenleiter an der MedUni Wien) das Projekt.
Therapieansätze aus JAK-STAT-Forschung
„JAK-STAT ist ein zentraler Mechanismus unseres Körpers, um Immunsignale zu kommunizieren“, fasst Thomas Decker (Professor an den Max Perutz Labs und der Uni Wien) die Relevanz der Studie zusammen. „Unsere Studie bietet dabei Einblicke in die Rolle des Immunsystems: Nicht nur auf Angriffe zu reagieren, sondern auch die Wachsamkeit zu erhalten, ohne unnötige Schäden anzurichten“, ergänzt Mathias Müller (Professor an der Vetmeduni Wien).
Gene des JAK-STAT-Signalwegs sind bei Personen mit Immunerkrankungen und bei Krebs bisweilen krankhaft verändert. Aus dieser Forschung ergeben sicher daher auch mögliche Ansätze für neue Therapien.
Quelle: CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Originalpublikation: Nikolaus Fortelny et al.; JAK-STAT signaling maintains homeostasis in T cells and macrophages; Nature Immunology, 2024, DOI: 10.1038/s41590-024-01804-1