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Auswirkungen von Koffeinkonsum auf die Hirnstruktur

Kann regelmäßiger Koffeinkonsum durch schlechteren Schlaf Hirnstrukturen verändern? © meranna / iStock / Getty Images Plus

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Temporärer Effekt: Auswirkungen von Koffeinkonsum auf die Hirnstruktur

Kaffee, Cola oder Energy-Drink: Koffein ist die weltweit am meisten konsumierte psychoaktive Substanz. Forschende der Universität Basel zeigen nun in einer Studie, dass die regelmäßige Koffeinzufuhr die graue Substanz des Gehirns verändert. Der Effekt scheint aber temporär.

Keine Frage, Koffein hilft den meisten, sich wacher zu fühlen. Am Abend konsumiert kann es jedoch den Schlaf stören. Schlafentzug wiederum wirkt sich auf die graue Substanz des Gehirns aus, wie frühere Studien gezeigt haben. Kann also regelmäßiger Koffeinkonsum durch schlechteren Schlaf Hirnstrukturen verändern? Dieser Frage wollte ein Forschungsteam um Dr. Carolin Reichert und Prof. Dr. Christian Cajochen von der Universität Basel und den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel in einer Studie nachgehen.

Die Antwort entpuppte sich als Überraschung: Das im Rahmen der Studie eingenommene Koffein führte bei den Probanden zwar nicht zu schlechterem Schlaf. Veränderungen an der grauen Substanz stellten die Forschenden aber dennoch fest. Als graue Substanz bezeichnet man Teile des zentralen Nervensystems, die vorwiegend aus den Zellkörpern der Nervenzellen bestehen, während die weiße Substanz mehrheitlich aus den Leitungsbahnen, den langen Fortsätzen der Nervenzellen bestehen.

Bestimmung des Volumens der grauen Substanz

An der Studie nahmen 20 junge, gesunde Personen teil, die auch im Alltag regelmäßig Kaffee tranken. Sie bekamen zweimal zehn Tage lang Tabletten zur Einnahme und sollten in dieser Zeit auf jede sonstige Koffeinzufuhr verzichten. Im einen Studienzeitraum erhielten sie Tabletten mit Koffein, im anderen Tabletten ohne Wirkstoff (Placebo). Jeweils zum Ende der zehn Tage bestimmten die Forschenden das Volumen der grauen Substanz der Probanden durch Hirnscans. Außerdem beobachteten sie die Schlafqualität der Teilnehmenden im Schlaflabor durch Hirnstrommessungen (EEG).

Der Vergleich der Daten zeigte, dass die Teilnehmenden gleich tief schliefen, egal ob sie Koffeintabletten oder das Placebo eingenommen hatten. Aber bei der grauen Substanz zeigte sich ein deutlicher Unterschied, je nachdem ob die Probanden Koffein oder das Placebo bekommen hatten. Nach zehn Tagen Placebo, also Koffeinabstinenz, fiel das Volumen der grauen Substanz grösser aus als nach der gleichen Zeitspanne mit den Koffeintabletten.

Regeneration nach Koffeinentzug

Besonders deutlich war der Unterschied im rechten medialen Temporallappen des Gehirns, inklusive des Hippocampus, einer Hirnregion, die zentral für die Gedächtniskonsolidierung ist. „Unsere Ergebnisse bedeuten nicht zwingend, dass Koffeinkonsum negative Auswirkungen auf das Gehirn hat”, betont Reichert, „aber offensichtlich verändert der alltägliche Koffeinkonsum unsere kognitive Hardware, was zumindest Anlass für weitere Studien geben sollte.” Die Gesundheitseffekte von Koffein seien bisher hauptsächlich in Patientenstudien untersucht worden, über die Auswirkungen auf Gesunde gebe es noch Forschungsbedarf.

Hinzu kommt, dass Koffein zwar das Volumen an grauer Substanz zu reduzieren scheint. Doch bereits nach zehn Tagen Koffeinentzug hatte es sich bei den Probanden wieder deutlich regeneriert. „Die Veränderungen der Hirnmorphologie scheinen also temporär. Aber systematische Vergleiche zwischen Kaffeetrinkern und Personen, die üblicherweise kein oder nur wenig Koffein konsumieren, fehlen bisher”, so Reichert.

Quelle: Universität Basel


Originalpublikation: Yu-Shiuan Lin et al.; Daily Caffeine Intake Induces Concentration-Dependent Medial Temporal Plasticity in Humans: A multimodal double-blind randomized-controlled trial; Cerebral Cortex, 2021, DOI: 10.1093/cercor/bhab005

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