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Die Frage, ob die Nutzung sozialer Netzwerke depressive Tendenzen hervorrufen kann, wurde bisher widersprüchlich beantwortet. Die Bochumer Forscherinnen und Forscher haben dazu eine experimentelle und zwei Fragebogenstudien durchgeführt.
In der ersten Studie ließen sie zwei Gruppen von Versuchspersonen fünf Minuten lang entweder auf ihrer Facebook-Pinnwand oder auf der Mitarbeiterwebseite der Katholisch-Theologischen Fakultät der RUB Informationen über die ersten fünf Personen herausschreiben, die sie sahen. Eine dritte Gruppe übersprang diese Aufgabe. Alle drei Gruppen füllten danach einen Fragebogen aus, der über ihr Selbstwertgefühl Auskunft gab.
„Es hat sich gezeigt, dass die Konfrontation mit sozialen Informationen im Internet, die sowohl auf Facebook als auch auf Mitarbeiterseiten selektiv und nur positiv und vorteilhaft sind, zu einem geringeren Selbstwertgefühl führen“, berichtet Phillip Ozimek. Da ein niedriges Selbstwertgefühl eng mit depressiven Symptomen zusammenhängt, sehen Forscher schon in dieser kurzfristigen Auswirkung eine mögliche Gefahrenquelle.
Die langfristige Perspektive untersuchten sie mittels Fragebogenstudien mit über 800 Personen zu Facebook und Xing. „Insgesamt konnten wir zeigen, dass nicht die Nutzung sozialer Netzwerke generell und unmittelbar zu Depressionen führt oder mit ihnen im Zusammenhang steht, sondern dass gewisse Voraussetzungen und eine bestimmte Art der Nutzung das Risiko für depressive Tendenzen erhöhen“, so Ozimek.
„Wichtig ist, dass dieser Eindruck, dass es alle besser haben, ein absoluter Trugschluss sein kann“, so der Psychologe. „Tatsächlich posten nur die wenigsten Menschen auch negative Erlebnisse und Erfahrungen in sozialen Medien. Dadurch, dass wir mit diesen positiven Erlebnissen im Netz überflutet werden, gewinnen wir jedoch einen ganz anderen Eindruck.“
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
Originalpublikation: Phillip Ozimek, Hans-Werner Bierhoff; All my online-friends are better than me – three studies about ability-based comparative social media use, self-esteem, and depressive tendencies; Behaviour & Information Technology, 2019, DOI: 10.1080/0144929X.2019.1642385