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Entzündeter Darm.

Chronische entzündliche Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sind weltweit auf dem Vormarsch. © Milena Shehovtsova / istock / Getty Images Plus

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Innovatives Medikament für CED: Lokale Behandlung entzündeter Darmbereiche mit Nanopartikeln

Forschende haben ein innovatives Medikament entwickelt, das gezielt an den entzündeten Stellen des Magen-Darm-Trakts wirkt und die Symptome von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) lindert. Durch die Nachahmung von Glycocalyx-Mustern und die Anbindung von entzündungshemmendem Bilirubin bieten die Nanopartikel eine lokal begrenzte, effektive Behandlungsmöglichkeit mit minimierten systemischen Nebenwirkungen.

Bauchkrämpfe, schwere Durchfälle, oft begleitet von erheblichem Gewichtsverlust sind einige Symptome, unter denen Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) immer wieder teils wochenlang leiden. Die Ursachen sind noch unklar, eine Fehlfunktion des Immunsystems scheint beteiligt zu sein. Eine Heilung ist bisher nicht in Sicht.

Derzeitige Therapien zielen auf eine Linderung der Symptome durch entzündungshemmende Medikamente ab, wie 5-Aminosalicylsäure (5-ASA), Kortikosteroide und Immunmodulatoren. Der Langzeit-Gebrauch ist nicht angeraten aufgrund schwerer Nebenwirkungen, wie dem hohen Infektionsrisiko als Folge der Immunsuppression.

Das Team um Hee-Seung Lee und Sangyong Jon vom Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) hat jetzt einen innovativen Ansatz für ein Medikament entwickelt, das oral eingenommen gezielt an den entzündeten Stellen des Magen-Darm-Trakts wirkt, sodass systemische Wirkungen minimiert werden.

Nanopartikel ahmen Glycocalyx-Muster nach

Ausgangpunkt ist die sog. Glycocalyx, eine Kohlenhydrat-reiche Schicht, die die Zellen auf der Darmoberfläche bedeckt. Nützliche Darmbakterien, die eine eigene, dazu passende Glycocalyx aufweisen, haften daran. Bei Erkrankungen aus dem Spektrum der CED sind die Glycocalyx-Kohlenhydratmuster der entzündeten Darmbereiche so verändert, dass sich pathogene Bakterien anheften und in die Schleimhaut eindringen können.

Das Team entwickelte Nanopartikel, die Glycocalyx-Muster nachahmen. Ausgehend von den fünf häufigsten in der Natur vorkommenden Zucker-Bausteinen stellten sie eine Sammlung („Substanz-Bibliothek“) verschiedener Polymerketten her, die eine, zwei, drei, vier oder fünf dieser Zuckersorten in zufälliger Reihenfolge und Zusammensetzung als Seitengruppen tragen und zu Nanopartikeln aggregieren. Zusätzlich wurden Bilirubin-Moleküle angeknüpft. Der Gallenfarbstoff Bilirubin ist ein körpereigenes Antioxidationsmittel und wirkt entzündungshemmend.

Nebenwirkungen minimiert

Verschiedene Typen dieser Nanopartikel konnten, oral verabreicht, die Symptome von Mäusen mit CED deutlich stärker mindern als das Medikament 5-ASA. Am wirksamsten zeigten sich Nanopartikel mit Mannose und N-Acetylglucosamin. Diese beiden Zucker verstärken die Aufnahme der Nanopartikel durch aktivierte Makrophagen im entzündeten Darm und das Bilirubin hemmt sehr effizient die entzündungsfördernde Aktivität dieser Immunzellen.

Die Konzentration bestimmter entzündungsfördernder Cytokine wird deutlich verringert, die Produktion entzündungshemmender Faktoren angekurbelt und der oxidative Stress verringert. Die immunsuppressive Wirkung ist lokal auf die entzündeten Darmbereiche beschränkt, sodass ungünstige systemische Nebenwirkungen minimiert werden.

Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft


Publikation: Prof. Dr. Sangyong Jon et al.; Anti-inflammatory Glycocalyx-Mimicking Nanoparticles for Colitis Treatment: Construction and In Vivo Evaluation; Angewandte Chemie, 2023; DOI: 10.1002/ange.202304815

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