Branche
on
Mechanik des Gehirns

Die Modelle könnten auch bei der Diagnose von Krankheiten Anwendung finden. © Dmitrii Kotin / iStock / Thinkstock

| | | |

Modellentwicklung: Mechanik des Gehirns

Voller tiefer Furchen. Mit dem Gehirn assoziieren die Menschen seine charakteristische Form. Doch wieso liegen unsere grauen Zellen in Falten? Und was verraten diese Furchen? An diesen Fragen forscht Dr. Silvia Budday, Lehrstuhl für Technische Mechanik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

Wenn Kräfte von außen, beispielsweise durch einen festen Stoß auf den Kopf, auf unser Gehirn einwirken, kann es verletzt oder seine Struktur verändert werden. Doch die Gehirnstruktur verändert sich nicht nur durch äußere Einflüsse. Das menschliche Gehirn faltet sich bereits von selbst im Mutterbauch: Die äußere Gehirnschicht wächst schneller als die innere, von der sie gehalten wird. Durch die so entstehenden Spannungen legt sich die Gehirnmasse in Falten.

Dr. Silvia Budday will diesen Falten, also der Mechanik, des menschlichen Gehirns auf den Grund gehen. Wie reagiert Gehirnmasse, wenn an ihr gezogen oder sie gedrückt wird? Um herauszufinden, wie sich das Gehirngewebe mechanisch verhält, testet Dr. Silvia Budday totes Gehirngewebe, entweder Gehirnspenden von der Anatomie oder Schweinegehirne vom Schlachter. Die Gehirne untersucht sie dann stückchenweise, indem sie die einzelnen Stückchen einspannt und verformt. Dabei muss Silvia Budday extrem vorsichtig vorgehen, denn das Gehirngewebe ist sehr weich, komplex und es verhält sich je nach Belastungsmodus anders.

„Gehirnmasse ist weicher als Wackelpudding. Das kann man sich nicht vorstellen, bis man es selbst in der Hand hält“, sagt Dr. Budday. Buddays Ziel ist es, 3D-Computer-Modelle des Gehirns zu erstellen. Diese Modelle setzen sich aus kleinen Würfeln zusammen, die die verschiedenen Gehirnareale repräsentieren. Es ist dann möglich, die Mechanik einzelner Würfel, also einzelner Gehirnareale, zu betrachten. Mithilfe dieser Modelle wird es idealerweise möglich sein, beispielsweise Operationen zu simulieren.

Krankheiten verändern mechanische Eigenschaften

© Idw – Informationsdienst WissenschaftDr. Silvia Budday © Idw – Informationsdienst Wissenschaft

„Wir können am PC quasi in die Zukunft schauen“, erklärt Dr. Budday. Sie drücken Würfel ein, das passiert zum Beispiel, wenn ein Arzt das Gehirn während der OP halten muss, und sagen so Verformungen und Spannungen im Gewebe voraus. Dadurch finden sie bereits vor der OP heraus, was die Zellen in unserem Gehirn aushalten müssen.

Auch bei der Diagnose von Krankheiten könnten Dr. Buddays Gehirnmodelle Anwendung finden. Durch einige Erkrankungen wie Epilepsie oder Schizophrenie verändern sich die mechanischen Eigenschaften des Gehirns. Wenn sich die Struktur ändert, nimmt das auch Einfluss auf die Funktion. Bei vielen Erkrankungen zeigen sich die Symptome jedoch erst, wenn es zu spät ist. Mithilfe der Modelle könnten sie früher erkannt werden.

Prof. Dr. Ingmar Blümcke, Direktor am Institut für Neuropathologie der FAU, beschäftigt sich mit der Krankheit Epilepsie. Eine Form dieser Erkrankung entsteht beispielsweise durch eine Fehlfaltung im Gehirn. Betroffenen wird der fehlerhafte Teil entnommen. Die MRT-Bilder, die die Ärzte nutzen, um solche Fehlfaltungen zu lokalisieren, sind jedoch oft ungenau. Dr. Buddays Modelle könnten die Ärzte dabei unterstützen, die Teile leichter und gezielter zu identifizieren.

Doch mit der Erforschung der Mechanik ist es nicht getan. Sie dient zur Unterstützung der Ärzte, die an den Ergebnissen anknüpfen und Methoden zur Heilung entwickeln. Die Zusammenarbeit mit Medizinern ist daher wichtig. „Ich habe mich unter anderem für die FAU entschieden, weil sie eine Volluniversität ist. Technische Fakultät, Naturwissenschaftliche Fakultät, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum, hier ist alles gebündelt“, sagt Silvia Budday.

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Darstellung von RNA
Zellentwicklung eines Embryos.

Das könnte Sie auch interessieren

Kette von Aminosäuren (Protein)
Dendritische Zellen aktivieren T-Zellen
Aktivität der Neuronen im Gehirn