„Wir wollten unsere Mikroskope einmal nicht als Hilfsmittel zum Beobachten von Mikroorganismen nutzen, sondern ihre Rolle als potentielle Überträger von Infektionserregern näher untersuchen. Über diesen Aspekt war bislang kaum etwas bekannt“, erläutert Studienleiter Prof. Dr. Markus Egert, der an der Hochschule Furtwangen Mikrobiologie und Hygiene lehrt. Im Fokus standen dabei die Okulare der Mikroskope, da sie besonders intensiven Kontakt mit den Händen und Augen eines Benutzers haben.
Spitzenwerte von bis zu 1700 Bakterien
Für die Studie wurden die Okulare von zehn Mikroskopen aus einem Hochschullabor unmittelbar nach einem Praktikumskurs beprobt. Von allen linken Okularen und Augenmuscheln wurden Bakterien und Pilze auf verschiedenen Nährmedien kultiviert, alle rechten Okulare und Augenmuscheln wurden umfassend molekularbiologisch untersucht. Die Untersuchungen erfolgten vor und nach einer 30-sekündigen Reinigung mit 70-prozentigem Isopropanol.
„Wir konnten Spitzenwerte von bis zu 1700 lebenden Bakterien pro cm2 nachweisen, darunter vor allem typische Hautbakterien wie Cutibakterien und Staphylokokken, aber auch Umwelt- und Wasserbakterien wie Parakokken. Pilze haben wir nicht gefunden“, so Studienleiter Prof. Egert. Die molekularbiologischen Untersuchungen bestätigen diese Ergebnisse weitgehend; insgesamt wurden 262 verschiedene Gattungen von Bakterien auf den untersuchten Okularen identifiziert. Mit Staphylococcus epidermidis, Paracoccus yeei, Cutibacterium acnes und Brevibacterium casei wurden auch vier potentiell pathogene Bakterien von den Okularen isoliert, die bei empfindlichen Menschen unter anderem Augenerkrankungen wie Keratitis oder Augenlidentzündungen hervorrufen können.
Überträger von Infektionserregern
„Mikroskop-Okulare haben also durchaus Potential, als Überträger von Infektionserregern zu fungieren. Die gute Nachricht: Eine Reinigung mit Isopropanol reduzierte die Keimbelastung deutlich um 99 Prozent. Sie sollte regelmäßig durchgeführt werden, insbesondere wenn verschiedene Personen dasselbe Mikroskop benutzen“, fasst Prof. Egert zusammen.
Die neue Studie wurde durch ein Forscherteam der Hochschule Furtwangen, der Universität Tübingen und der Carl Zeiss Vision International GmbH, Aalen, erstellt und im Rahmen des CoHMed – Connected Health in Medical Mountains – Projektes der Hochschule Furtwangen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 13FH5I02IA).
Quelle: Hochschule Furtwangen
Originalpublikation: Birgit Fritz et al.; Eye-Catching Microbes—Polyphasic Analysis of the Microbiota on Microscope Oculars Verifies Their Role as Fomites; J. Clin. Med., 2020, DOI: https://doi.org/10.3390/jcm9051572