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Frau sitzt an Laborcomputer.

NCEM ist eine flexible Berechnungsmethode, die auf komplexe Datensätze erweitert werden kann. © shironosov / iStock / Getty Images Plus

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Genexpressionsmodelle: Neuronale Netze sollen Zellkommunikation sichtbar machen

Wie kommunizieren einzelne Zellen in einem Gewebe? Und wie können diese Interaktionen modelliert werden, ohne dass die räumlichen Informationen verloren gehen? Forschende um Fabian Theis vom Helmholtz Munich Computational Health Center und der Technischen Universität München (TUM) haben eine neue Methode zur Darstellung der Zellkommunikation entwickelt: knotenzentrische Genexpressionsmodelle (NCEM). Diese Modelle sind Graph-basierte neuronalen Netze und helfen dabei, das Zusammenspiel von Gewebs-Nischen und Genexpressionen aufzudecken, ohne dabei die räumlichen Informationen zu verlieren.

Zellen interagieren auf unterschiedliche Weise und auf verschiedenen Längenskalen miteinander. Die Interaktion einer einzelnen Zelle mit der ihr nahegelegenen Zellen (der Gewebs-Nische) kann durch Ereignisse der Zellkommunikation beschrieben werden. Um diese Vorgänge zu verstehen, erstellen Forscher*innen auf der ganzen Welt Modelle, die auf verschiedenen Strategien beruhen.

Dieses Wissen ist von entscheidender Bedeutung, um neu auftretende Phänomene in der Mikroumgebung von Geweben zu verstehen und zu erkennen, wie beispielsweise genetische Veränderungen in einem Tumor entstehen. Das Problem: Viele der Modelle basieren auf dissoziierten Geweben, was bedeutet, dass die Zellen bei der Analyse einzeln und nicht mehr als Netzwerk in ihrer natürlichen Umgebung betrachtet werden.

Andere Modelle beschränken sich auf die Rezeptor-Ligand-Signalübertragung, eine bestimmte Art der Kommunikation zwischen Zellen. Diese Modelle ignorieren daher die räumliche Nähe einer Gruppe von Zellen in ihrer natürlichen Gewebe-Umgebung.

Genexpressionsprofil einer Zelle vorhersagbar

Forscher*innen um Fabian Theis vom Helmholtz Munich Computational Health Center und der Technischen Universität München (TUM) haben nun eine neue Methode entwickelt, die die Komplexität der räumlichen Informationen definiert und das Verständnis der Zellkommunikation verbessert: knotenzentrischen Genexpressionsmodelle (NCEMs).

Die Besonderheit des neu entwickelten Modells: NCEM ist eine Berechnungsmethode, die Graph-basierte neuronale Netze benutzt, um transkriptomische Varianz zu verstehen (heißt die Untersuchung der Genexpressionen) und so Zellkommunikation modelliert.

Das Modell ist daher in der Lage das Genexpressionsprofil einer Zelle auf der Grundlage der sie umgebenden Zellen vorherzusagen. Darüber hinaus schätzt es die Auswirkung der Zusammensetzung einer Gewebe-Nische auf die Genexpression auf unverzerrte Weise aus räumlichen molekularen Profildaten.

Molekulare Prozesse der Zellkommunikation

In ihrem Modell entwickelten die Forscher*innen ein flexibles Gerüst zur Erklärung von Variationen der Genexpression, die in der räumlich aufgelösten Transkriptomik beobachtet werden können. Genexpressions-Schwankungen können durch diese Methodik mit bekannten molekularen Prozessen in Verbindung gebracht werden, die mit Zellkommunikations-Ereignissen verbunden sind.

Die Forscher*innen zeigten, dass NCEMs robuste Zell-Zell-Abhängigkeiten über verschiedene räumliche Transkriptomik-Technologien und auf Längenskalen identifizieren können, die für bekannte Kommunikations-Mechanismen charakteristisch sind. Mit dieser Methode waren die Erstautoren David Fischer und Anna Schaar in der Lage, Signaturen von molekularen Prozessen zu erkennen, von denen bekannt ist, dass sie der Zellkommunikation zugrunde liegen.

Flexibles Instrumentarium

Das neu entwickelte Modell schränkt Kommunikationsereignisse auf Zellen ein, die sich in räumlicher Nähe befinden. Die identifizierten Abhängigkeiten beschränken sich nicht auf die Liganden-Rezeptor-basierte Kommunikation, sondern können beispielsweise auch physikalische Interaktionen oder den Austausch von Metaboliten erklären.

NCEM ist eine flexible Berechnungsmethode, die auf komplexe Datensätze – wie beispielsweise räumliche 3D-Transkriptomikdaten oder Daten mit höherem Durchsatz – erweitert werden kann. Sie bietet daher ein flexibles Instrumentarium für die Analyse der Zell-Zell-Kommunikation im Raum. Die neuartige Methodik ergänzt die jüngsten Bemühungen zur Charakterisierung der Genexpression Einzelzell-Atlas-Projekten, indem sie in diesem speziellen Fall die Gewebe-Nischen berücksichtigen.

Quelle: Helmholtz Zentrum München


Originalpublikation: Fischer and Schaar et al.; Modeling intercellular communication in tissues using spatial graphs of cells; Nature Biotechnology, 2022; DOI: 10.1038/s41587-022-01467-z

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