Mit dem Erreichen der Volljährigkeit endet eine oft schon über viele Jahre bestehende Arzt-Patient-Beziehung – und das in einer Lebensphase, die ohnehin durch Unsicherheit und Umbrüche gekennzeichnet „Häufig erleben wir einen verzweifelten Rücklauf von Patienten nach einem versuchten Übergang in die Erwachsenenmedizin", sagt Dr. med. Christoph Rietschel, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendrheumatologie am Clementine Kinderhospital in Frankfurt am Main.
Allein in der Rheumatologie müssen jedes Jahr mehrere hundert junge Patienten den Übergang zum internistischen Rheumatologen bewältigen – oft gelingt das nicht ohne eine zeitweilige therapeutische Unterversorgung.
Transitions-Camps und Übergangssprechstunden sollen helfen
Dass der Schritt vom engmaschig betreuten Jugendlichen zum selbstständigen, erwachsenen Patienten kritisch ist, wissen Mediziner seit Langem. Immer wieder bleiben Rheuma-Patienten dadurch Monate oder gar Jahre ohne Behandlung und kommen erst mit massiven Beschwerden und Komplikationen, beispielsweise fortgeschrittenen Gelenkschäden, erneut zum Arzt.
Rietschel, DGRh-Kongresspräsident von Seiten der Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), sagt: „Wir können die Jugendlichen nicht dazu verpflichten, die medizinische Behandlung fortzusetzen, wir können aber mehr dafür tun, dass ein reibungsloser Übergang gelingt.“ Er verweist auf mehrere Initiativen, deren Ziel es ist, die Transition zu erleichtern.
Die Deutsche Rheuma-Liga etwa bietet Transitions-Camps an und informiert in Seminaren und Flyern zum Thema. Knapp die Hälfte der 66 Rheuma-Zentren in Deutschland bietet zudem eine gemeinsame Übergangssprechstunde von Kinder- und Jugendrheumatologen sowie internistischen Rheumatologen an. „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung", sagt Rietschel. Das Erlernen von Selbstständigkeit sei jedoch ein langer und mühsamer Prozess. Ein einziger Übergabetermin von der Jugend- in die Erwachsenenmedizin sei daher oft nicht ausreichend.
Betreuung durch Fallmanager
Eine Lösung sieht Rietschel in einem strukturierten Übergabekonzept wie dem „Berliner Transitionsprogramm“, das seit 2014 zur Anwendung kommt. Es sieht eine Übergabe vom Kinder- und Jugendarzt zum Erwachsenenmediziner im Rahmen von drei Terminen vor, darunter eine gemeinsame Visite mit beiden Ärzten.
Das Besondere am Berliner Programm ist die Betreuung durch einen Fallmanager, der die Terminvereinbarung koordiniert und organisiert. „Er hält gewissermaßen den heißen Draht zum Patienten aufrecht", erläutert Rietschel. Das aktuell noch auf Norddeutschland beschränkte Programm sei unbedingt flächendeckend einzuführen und bundesweit einheitlich zu gestalten.
Außerdem müsse die Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen sichergestellt und so die bislang bestehenden Abrechnungsprobleme überwunden werden. Über die Versorgungslücke, in die noch immer viele junge Erwachsene während der Transition fallen, und Lösungsvorschläge informierten Experten auf der Vorab-Pressekonferenz zum Rheumatologen-Kongress.