Das Eczema herpeticum ist zwar eine relativ seltene Begleiterscheinung einer Neurodermitis, allerdings eine gefürchtete. Ursache ist eine Infektion mit dem Herpes simplex-Virus, die weite Hautpartien betrifft. In der Regel verläuft sie so schwer, dass sich die Betroffenen stationär in einer Klinik behandeln lassen müssen.
Erstaunlicherweise tritt das „Herpes-Ekzem“ nur bei einer bestimmten Untergruppe von Betroffenen auf. Die Dermatologen aus Bonn haben nun nach Merkmalen gesucht, mit denen sich diese Risiko-Patienten sicher identifizieren lassen. Sie untersuchten dazu unter anderem Menschen mit einer Neurodermitis, die bereits ein Eczema herpeticum Infektion durchgemacht hatten.
„Diese Patienten zeigten eine auffällige Gemeinsamkeit“, erklärt Professor Dr. Dr. Thomas Bieber von der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Universitätsklinikums Bonn. „In bestimmten Immunzellen der Haut, den so genannten Langerhans-Zellen, war ein Enzym namens IDO nach Stimulation besonders aktiv. In Neurodermitikern ohne Herpes-Ekzem war die IDO-Aktivität dagegen normal.“
Hoffnung auf einen Schnelltest
IDO baut den Eiweiß-Baustein Tryptophan ab. Die Produkte, die dabei entstehen, sind sehr aktiv und können das Immunsystem vorübergehend lahm legen. Dadurch verläuft die Herpes-Infektion sehr viel schwerer als normalerweise.
Die Resultate lassen auf einen Schnelltest hoffen, der Neurodermitis-Patienten mit einem besonders hohen Herpes-Ekzem-Risiko identifizieren kann. An einem solchen Test hat auch das Militär Interesse: Menschen mit der Neigung zu einem Herpes-Ekzem reagieren auch auf eine Pocken-Schutzimpfung mit schweren Nebenwirkungen. Viele Kinder mit Neurodermitis wurden in den 60-er bis 80-er Jahre nicht gegen Pocken geimpft, da man um dieses erhöhte Komplikations-Risiko wusste.
Jeder fünfte Säugling hat Neurodermitis
Die Arbeiten wurden aus Mitteln von CK-CARE (Christine Kühne-Center for Allergy Research and Education) finanziert – das ist ein Programm der Kühne-Stiftung zur Förderung von Forschung und Ausbildung im Allergiebereich. Das Projekt fokussiert nicht allein auf das Eczema herpeticum. „Es zeichnet sich immer mehr ab, dass Neurodermitis eine Sammelbezeichnung für unterschiedliche Krankheits-Subtypen ist“, betont Bieber. „Wir müssen diese Subtypen sauber diagnostizieren und differenzieren, um die Betroffenen individuell maßgeschneidert behandeln bzw. ihnen präventive Maßnahmen anbieten zu können.“
Wie wichtig dieses Anliegen ist, verdeutlichen die Zahlen: Jeder fünfte Säugling entwickelt heute eine Neurodermitis – mit steigender Tendenz. Das Hautleiden ist damit eine der häufigsten Krankheiten überhaupt. Doch bei weitem nicht immer verläuft das Leiden chronisch; in mehr als der Hälfte der Fälle heilt es spontan aus. „Wir wollen herausfinden, warum das so ist“, erklärt Bieber. „Denn aus diesen Spontan-Heilungen hoffen wir, Strategien für eine erfolgreichere Prävention und Therapie ableiten zu können.“