Die CAR-T-Zell-Therapie ist für viele Erkrankte mit Blut-, Knochenmark- oder Lymphdrüsenkrebs eine letzte Hoffnung, wenn andere Behandlungen wie Chemotherapie erfolglos bleiben. Ein limitierender Faktor der sonst sehr wirksamen und sicheren Therapie ist, dass die dabei eingesetzten Zellen schnell einen Erschöpfungszustand erreichen. Forschende der Universität Freiburg konnten diese Erschöpfung nun verhindern und so die Wirkung der Therapie im präklinischen Tiermodell deutlich verbessern. Die neuen Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Immunology erschienen.
Körpereigene Abwehr gegen den Krebs nutzen
CAR-T-Zellen gehören zu den personalisierten Krebstherapien und werden in Europa seit 2018 in spezialisierten Zentren angewendet. Bei dieser aufwendigen Behandlung werden Immunzellen, genauer T-Zellen, aus dem Blut der Krebserkrankten entnommen, im Labor gentechnisch mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgestattet und wieder verabreicht. Der Rezeptor hilft den T-Zellen dabei, Krebszellen zu identifizieren und abzutöten. Die Therapie nutzt also körpereigene Zellen, um den Krebs dauerhaft zu besiegen.
Ein vereinfachter T-Zell-Rezeptor
Der CAR funktioniert wie ein Fühler, mit dem die T-Zelle charakteristische Oberflächenmerkmale von Krebszellen erkennt. Der synthetische CAR besteht zum Teil aus Elementen des natürlichen T-Zell-Rezeptors, ist aber im Vergleich zu diesem stark vereinfacht aufgebaut. So besitzt der CAR nur eine der vier verschiedenen Untereinheiten, die in unveränderten T-Zellen die Signale weiterleiten, die die Aktivierung der Immunantwort auslösen.
„Die von den Arzneimittelbehörden zugelassenen CARs verwenden alle die so genannte Zeta-Kette, die eine besonders starke Aktivierung der T-Zelle auslöst, sobald der CAR an die Oberfläche einer Krebszelle bindet. Ob sich die anderen drei Signalketten des T-Zell-Rezeptors – Gamma, Delta und Epsilon – auch für CARs nutzen lassen, war bisher nicht untersucht“, erklärt Prof. Dr. Susana Minguet, die die aktuelle Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Wolfgang Schamel geleitet hat. Beide sind Mitglieder des Exzellenzclusters CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies der Universität Freiburg und erforschen, wie die verschiedenen Untereinheiten des T-Zell-Rezeptors Signale weiterleiten, um eine Immunantwort auszulösen.
Für ihre aktuelle Studie stellten die Forscher vier Arten von CAR-T-Zellen her, die jeweils ein CAR mit jeder der vier Signaluntereinheiten exprimieren, und testeten sie in einem Mausmodell für Leukämie. „Überraschend war, dass die Zeta-Kette, also die Domäne, die in klinisch angewandten CAR-T-Zellen verwendet wird, eine geringere Anti-Tumor-Wirkung gezeigt hat als die drei anderen Domänen. Diese haben die Krebszellen im Leukämiemodell deutlich besser eliminiert“, erklärt Schamel.
Starke Aktivierung ist ein Nachteil
Die Forschenden erklären das Ergebnis dadurch, dass die Zeta-Kette zwar ein stark aktivierendes Signal an die Zelle weitergibt, dass dieses die Zelle aber auch schnell erschöpft. „Es ist, als würden wir die Zellen dazu bringen, einen Ultramarathon in Maximalgeschwindigkeit zu rennen,“ erklärt Minguet. Im Gegensatz dazu löst die Delta-Kette, die in der aktuellen Studie die beste Wirksamkeit zeigte, parallel zur Aktivierung der T-Zelle ein hemmendes Signal aus. „Das erlaubt der Immunzelle, mit Idealgeschwindigkeit zu laufen“, sagt Minguet.
Ergebnisse relevant für klinische Forschung
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass CARs, die statt der Zeta-Kette eine der anderen Signaldomänen verwenden, die Nachteile existierender Therapien mit CAR-T-Zellen abmildern oder verhindern könnten,“ fasst Schamel zusammen. Bei der Entwicklung neuer CAR-Therapien sollten daher Strategien berücksichtigt werden, durch die sich eine ausbalanciertere Immunantwort erreichen lassen, so das Fazit der Forschenden.
Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Originalpublikation: Rubí M.-H. Velasco Cárdenas et al.; Harnessing CD3 diversity to optimize CAR T cells; Nature Immunology, 2023, DOI: 10.1038/s41590-023-01658-z