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Wenn das Herz aus dem Takt gerät

Die Wissenschaftler hoffen, dass sie einen möglichen Ansatzpunkt gegen Herzrhythmusstörungen nach einem Herzinfarkt gefunden haben. © Peshkova / iStock / Thinkstock

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Rhythmusstörungen: Wenn das Herz aus dem Takt gerät

Nach einem Herzinfarkt kommt es häufig zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen, da das Narbengewebe die elektrische Erregungsausbreitung im Herz stören kann. Ein internationales Forscherteam unter Federführung des Universitätsklinikums Bonn hat nun an Mäusen eine Methode entwickelt, wie sich mit Hilfe des Kopplungsproteins Connexin 43 die elektrische Weiterleitung in der Infarktnarbe verbessern lässt.

Bei einem schweren Herzinfarkt können viele Herzmuskelzellen zugrunde gehen. Das Infarktgebiet wird anschließend nicht durch neue Herzmuskelzellen „repariert“, sondern durch Narbengewebe ersetzt. „Diese Bindegewebszellen wirken wie ein Isolator“, erläutert Prof. Dr. Wilhelm Röll von der Klinik für Herzchirurgie am Universitätsklinikum Bonn (UKB).

Deshalb laufen die Erregungswellen, die den Herzschlag steuern, um das Infarktareal herum und können sich beeinträchtigen. In der Folge kommt es häufig zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen, weshalb das Herz nicht mehr richtig Blut pumpen kann. „Dieser Zustand kann in der Wirkung einem Herzstillstand gleichkommen“, betont Röll.

Im Gegensatz zur Skelettmuskulatur, die über Nervenbahnen erregt wird, sind Herzmuskelzellen direkt miteinander elektrisch gekoppelt und zwar über Tunnelproteine, die sogenannten Connexine. Die elektrischen Signale können auf diese Weise extrem schnell von Herzmuskelzelle zu Herzmuskelzelle weitergeleitet werden, sofern es sich um kein Narbengewebe handelt.

Connexin 43 in Narbengewebe einbringen

„Das Connexin 43, ist besonders wichtig für die Reizweiterleitung zwischen den Herzmuskelzellen“, sagt Prof. Dr. Bernd K. Fleischmann vom Institut für Physiologie I am Life & Brain-Zentrum der Universität Bonn.

Das Ziel des internationalen Forscherteams war, das Connexin 43 in das Narbengewebe einzubringen, um die elektrische Verschaltung zwischen den Zellen des Narbengewebes zu verbessern. An Mäusen, die zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatten, wurde das Connexin 43 mit Hilfe von Lentiviren eingeschleust.

Hierfür wurden die Genfähren direkt in das Infarktareal injiziert und das Connexin 43 daraufhin von den Bindegewebszellen in der Infarktnarbe hergestellt. Bei anschließenden Untersuchungen zeigte sich, dass die Mäuse mit Connexin 43 im Infarktareal nur etwa halb so häufig an den gefährlichen Herzrhythmusstörungen litten, wie die Kontrolltiere, die dort kein Cx43 produzieren konnten.

Reizweiterleitende Wirkung hält an

„Wir konnten visualisieren, dass das Connexin 43 die elektrische Weiterleitung der Signale im Infarktareal verbessert“, sagt Prof. Dr. Guy Salama von der University of Pittsburgh in den USA. „Mit der verbesserten ‚Verschaltung‘ des ansonsten isolierenden Bindegewebes verringert sich bei den Mäusen das Risiko für gefährliche Herzrhythmusstörungen“, berichtet Prof. Dr. Michael Kotlikoff von der Cornell University in Ithaca (USA) über die Studienergebnisse.

Das internationale Forscherteam, an dem auch Wissenschaftler des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie des UKB beteiligt waren und die die lentiviralen Konstrukte herstellten, wies darüber hinaus nach, dass die reizweiterleitende Wirkung des Connexin 43 im Infarktareal auch über einen längeren Zeitraum anhielt.

Patienten, die ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen haben, bekommen einen Defibrillator implantiert, der bei Kammerflimmern durch gezielte Stromstöße wieder einen normaleren Herzschlag herstellt.

Übel an der Wurzel packen

Die Wissenschaftler hoffen nun, dass sie einen möglichen Ansatzpunkt gefunden haben, wie sich die Häufigkeit von Herzrhythmusstörungen nach Herzinfarkt reduzieren lässt. Dann würde das Übel direkt an der Wurzel gepackt, und die teils als unangenehm empfundenen Stromstöße müssten nicht so häufig verabreicht werden.

„Bislang stützen sich unsere Erkenntnisse auf Untersuchungen an Mäusen“, betont Röll. „Bis es möglicherweise zu einer Anwendung am Menschen kommt, ist es noch ein weiter Weg, unsere experimentellen Befunde am Kleintier sind aber sehr ermutigend.“

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn


Publikation: Bernd K. Fleischmann et al.; Overexpression of Cx43 in cells of the myocardial scar: Correction of post-infarct arrhythmias through heterotypic cell-cell coupling; Scientific Reports, 2018; DOI: 10.1038/s41598-018-25147-8

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