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Wettlauf gegen die Zeit

Gelingt die Wiedereröffnung des verschlossenen Infarktgefäßes mittels Herzkatheter und Ballon (Ballondilatation) innerhalb von 90 Minuten nach dem medizinischen Erstkontakt, ist die Sterblichkeit um Faktor 3 niedriger. © Czgur / iStock / Thinkstock

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Behandlung von Herzinfarkten: Wettlauf gegen die Zeit

Die rechtzeitige Wiedereröffnung eines verschlossenen Gefäßes mittels Herzkatheter bei Herzinfarkt-Patienten kann die Sterblichkeit enorm verringern. Innerhalb von 90 Minuten nach medizinischem Erstkontakt sinkt diese gegenüber längeren Zeitintervallen um zwei Drittel. Bei reanimierten Infarkt-Patienten lässt sich so die Sterblichkeit halbieren.

Bei Patienten mit akutem Herzinfarkt (STEMI) haben die Behandlungszeiten innerhalb der Rettungs- und Therapie-Kette enormen Einfluss auf die Sterblichkeit. Gelingt die Wiedereröffnung des verschlossenen Infarktgefäßes mittels Herzkatheter und Ballon (Ballondilatation) innerhalb von 90 Minuten nach dem medizinischen Erstkontakt (Contact-to-balloon-Zeit, C2B), ist die Sterblichkeit um Faktor 3 niedriger (3,9 Prozent gegenüber 12,1 Prozent) als wenn es länger dauert.

Das ist ein Ergebnis der FITT-STEMI Studiengruppe, das Prof. Dr. Karl Heinrich Scholz (Hildesheim) auf der 82. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) präsentierte.

Gesamtprojekt mit 48 Klinik-Einrichtungen

In der Untersuchung wurde an knapp 20.000 Patienten aus dem FITT-STEMI-Projekt der Einfluss der Zeitspanne vom Symptombeginn bis zum medizinischen Erstkontakt sowie der Einfluss der Contact-to-balloon-Zeit auf die Sterblichkeit analysiert. Am Gesamtprojekt nehmen aktuell 48 Klinik-Einrichtungen mit zentralem Herzkatheter-Labor und mehr als 200 kooperierende Krankenhäuser ohne Herzkatheter-Labor teil.

Der Unterschied in der Prognose bei kurzer gegenüber längerer Zeit bis zur Behandlung war besonders ausgeprägt in der Patientengruppe mit sehr kurzer Symptomdauer. Hier lag die Sterblichkeit bei einer Contact-to-balloon-Zeit (C2B) von bis zu 90 Minuten bei vier Prozent, bei mehr als 90 Minuten erhöhte sich die Sterblichkeit auf 15,9 Prozent. Für die Forscher überraschend fand sich aber auch bei längeren (6 bis 12 Stunden) und sehr langen (12 bis 24 Stunden) Zeitintervallen zwischen Symptom-Beginn und medizinischem Erstkontakt eine signifikant bessere Überlebensrate bei Patienten, die innerhalb von 90 Minuten behandelt wurden.

Prof. Scholz: „Der lebensrettende Effekt einer schnellen Behandlung ist also auch eindeutig nachweisbar bei langen Symptomdauern bis zu 24 Stunden. Somit muss auch bei einem Infarkt mit längerer Symptomdauer alles unternommen werden, die Behandlungszeiten so kurz wie irgend möglich zu halten.“

Wiedereröffnung innerhalb von 90 Minuten halbiert Sterblichkeit

Anhaltende und lebensbedrohliche Herzdurchblutungs-Störungen (Akutes Koronarsyndrom) sind die häufigste Ursache für einen Herz-Kreislauf-Stillstand bei Erwachsenen. Eine weitere Studie im Rahmen des FITT-STEMI-Projekts zeigt, dass eine Wiedereröffnung der Herzkrankgefäße (Rekanalisation) innerhalb von 90 Minuten nach medizinischem Erstkontakt die Sterblichkeit bei reanimierten STEMI-Patienten halbiert. Das könne erreicht werden durch eine prähospitale EKG-Diagnose und eine Direktübergabe des Patienten in ein Herzkatheter-Labor.

„Beide Maßnahmen gehen bei reanimierten STEMI-Patienten mit einem Zeitgewinn und einer signifikanten Prognose-Verbesserung einher“, so PD Dr. Claudius Jacobshagen (Göttingen). „Daher sollte nach Wiederherstellung des Spontan-Kreislaufs prähospital ein 12-Kanal-EKG geschrieben werden, um STEMI-Patienten zu identifizieren und diese direkt in ein Herzkatheter-Labor zu verbringen. Es kann diskutiert werden, ob nicht grundsätzlich alle reanimierten erwachsenen Patienten primär ins Herzkatheter-Labor gebracht werden sollten.“

In der Realität werden Patienten nach Wiederherstellung des Kreislaufs häufig zunächst in eine Notaufnahme oder auf die Intensivstation gebracht, um dort die weitere Stabilisierung und Diagnostik durchzuführen. „Hierdurch geht möglicherweise wertvolle Zeit verloren“, so PD Jacobshagen. Welche prognostische Bedeutung ein prähospitales 12-Kanal-EKG und die Direktübergabe des reanimierten Patienten im Herzkatheter-Labor haben, sei bisher nicht bekannt gewesen.

QuelleDeutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.

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