Branche
on
Wie Pilze ihre Zellwand aufbauen

Für ihre Untersuchungen verwendete das Team den Pilz Chaetomium thermophilum, der in Dung oder Kompost zu finden ist. © Elena Weinhardt / iStock / Getty Images Plus

| |

Enzyme unter der Lupe: Wie Pilze ihre Zellwand aufbauen

Eine Marburger Forschungsgruppe aus Biologie und Chemie hat die Struktur eines Enzyms aufgeklärt, das zum Aufbau der Zellwand vieler Pilze wie Bäckerhefe oder Schimmel beiträgt – ein erster Schritt, um diese Organismen wirksam bekämpfen zu können.

Pilze sind allgegenwärtig, sie nisten sich in Gebäuden ein oder rufen Krankheiten hervor, andere machen sich bei der Nahrungsmittelproduktion nützlich. „Die Bäckerhefe und andere Pilzarten weisen ungewöhnlich dicke Zellwände auf, die bis zu einem Drittel des Trockengewichts dieser Organismen ausmachen“, erklärt der Marburger Biologe Professor Dr. Hans-Ulrich Mösch, einer der Leitautoren der Publikation.

„Diese Panzerung erlaubt es Pilzen, allen möglichen Stressfaktoren der Umgebung zu widerstehen.“ Die Zellwände tragen Oberflächenproteine, ergänzt Professor Dr. Lars-Oliver Essen vom Marburger Fachbereich Chemie, ein weiterer Leitautor: „Diese Proteine ermöglichen es den Pilzen, sich am Untergrund anzuheften.“

Das können Nahrungsquellen sein, aber auch die Gewebe von Tieren oder Pflanzen, wenn es sich bei den Pilzen um Krankheiterreger oder Schädlinge handelt. Wie gelangen die Proteine zur Zellwand? Um das herauszufinden, nahm das Forschungsteam das Enzym Dfg5 unter die Lupe; es sorgt dafür, dass die Oberflächenproteine zur Zellwand gelangen, statt in der darunterliegenden Membran zu verbleiben.

Strukturbiologische Untersuchungen

„Wir haben untersucht, wie Dfg5-Transglykosidasen dazu beitragen, dass sich die entsprechenden Proteine an der Oberfläche der Zellwand anheften können“, legt Essen dar. Für ihre Untersuchungen verwendete das Team den Pilz Chaetomium thermophilum, der in Dung oder Kompost zu finden ist. „Da diese Art ziemlich temperatur-unempfindlich ist, sind ihre Proteine weitaus stabiler für strukturbiologische Untersuchungen“, erläutert Mitverfasserin Gesa Felicitas Schmitz, die ihre Doktorarbeit bei Mösch anfertigt.

Aufgrund der gewonnenen Daten entwirft das Forschungsteam eine Modellvorstellung davon, wie das Dfg5-Enzym arbeitet. Sie beschreiben den Mechanismus als Sortiervorgang: Das Enzym erkennt, wie die Proteine in der Membran unterhalb der Zellwand verankert sind. „Je nach Art des Ankers vermag es genau zu unterscheiden, ob ein Protein in die Zellwand weiter transportiert wird oder in der Plasmamembran verbleiben soll“, führt Essens Mitarbeiter Dr. Marian Samuel Vogt aus, der ebenfalls als Koautor firmiert.

„Diesen Transportmechanismus gibt es nur bei Pilzen, jedoch nicht bei Pflanzen und Tieren.“ „Unsere Befunde haben offengelegt, wo neue Wirkstoffe gegen Pilze ansetzen können, damit diese mit ihren Oberflächenproteinen nicht mehr dort anheften können, wo wir es nicht wünschen“, sagt Essen.

Quelle: Philipps-Universität Marburg


Originalpublikation: Marian Samuel Vogt, Gesa Felicitas Schmitz et al.; Structural base for the transfer of GPI-anchored glycoproteins into fungal cell walls; PNAS, 2020; DOI: 10.1073/pnas.2010661117

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Bakterien
Wissenschaftler mit Mikroskop

Das könnte Sie auch interessieren

Mikrobiologische Kultur des Hefepilzes Candida auris
Bakterien
Finger mit Bluttropfen