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Befragung zur Akzeptanz von Pandemie-Maßnahmen durchgeführt

Obwohl das individuelle Risiko, an COVID-19 zu erkranken, aktuell deutlich höher eingeschätzt wird ist die Impfbereitschaft weiterhin nicht besonders stark ausgeprägt. © Anja W. / iStock / Getty Images Plus

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Impfskepsis & Co.: Befragung zur Akzeptanz von Pandemie-Maßnahmen durchgeführt

Während in einer repräsentativen Erhebung Mitte dieses Jahres knapp 55 Prozent der Befragten angaben, sich wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich impfen zu lassen, lag die Impfbereitschaft Ende November/Anfang Dezember nur noch bei 46 Prozent – trotz steigender Infektionszahlen und der Aussicht, dass ein Impfstoff in Kürze zur Verfügung stehen wird. In einer zweiten Online-Befragung haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg rund 1100 Personen zu den Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie sowie nach ihrem Vertrauen in Staat, Wissenschaft und Medien befragt.

Die Befragung, wiederum in einer repräsentativen Stichprobe, wurde in der Zeit vom 30. November bis zum 11. Dezember durchgeführt. Sie folgt einer ersten Erhebung, bei der Ende Juni/Anfang Juli rund 1300 Personen in Deutschland befragt wurden. Beide Befragungen, deren Teilnehmer nicht identisch waren, sind Teil eines interdisziplinären Projektes am Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg, das sich dem Thema „Gesellschaftliche Selbstermächtigung“ widmet.

Dabei geht es um die Bereitschaft, formelle oder informelle gesellschaftliche Regeln zu missachten, weil sich die betreffenden Personen aus übergeordneten, insbesondere moralischen Gründen nicht daran gebunden fühlen. Zu Ausmaß, Gründen, Folgen und Maßnahmen forschen der Psychologe Prof. Dr. Peter Kirsch, der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hanno Kube und der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Reimut Zohlnhöfer.

Die Bereitschaft, mit Maske, Abstand und Kontaktbeschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie beizutragen, ist nach wie vor hoch: Im Sommer gaben 82 Prozent der Befragten an, sich meistens oder immer an die Corona-Regeln zu halten. Aktuell liegt dieser Wert nach Selbstauskunft der befragten Personen annähernd gleich bei 83 Prozent. Allerdings ist die Zufriedenheit mit den Maßnahmen seit dem Sommer deutlich gesunken.

Sorge selbst zu erkranken steigt

Zufrieden oder sehr zufrieden sind damit nur noch 55 Prozent – gegenüber 68 Prozent in der Zeit Ende Juni/Anfang Juli. Im Gegenzug ist die Unzufriedenheit von 23 Prozent auf fast 36 Prozent gestiegen. „Dies scheint in erster Linie damit zusammenzuhängen, dass die Maßnahmen, zumindest vor dem Beschluss eines neuerlichen Lockdowns, von fast der Hälfte der Befragten, nämlich knapp 44 Prozent, als nicht ausreichend betrachtet wurden. Dies war im Sommer nur bei 15 Prozent der von uns befragten Personen der Fall“, berichtet Politikwissenschaftler Reimut Zohlnhöfer.

Deutlich gestiegen ist die Sorge, selbst zu erkranken. Während dies im Sommer 67 Prozent der, bis dahin nicht infizierten Befragten, für unwahrscheinlich oder sogar sehr unwahrscheinlich hielten, sind es jetzt aktuell knapp 49 Prozent, die die Gefahr einer Infektion als gering einschätzen.

Trotz dieser Zunahme des subjektiv wahrgenommenen Infektionsrisikos ist die Impfbereitschaft substantiell gesunken, während gleichzeitig die Zahl derjenigen stieg, die einer Impfung eher oder sehr skeptisch gegenüberstehen. Gaben dies Ende Juni/Anfang Juli 24 Prozent der befragten Personen an, sind es nunmehr 29 Prozent. Die Zahl der Unentschlossenen hingegen ist mit seinerzeit 24 gegenüber aktuell 22 Prozent nahezu gleichgeblieben.

Beunruhigende Entwicklung

Eine Verbindung sehen die Wissenschaftler hier zu der Tendenz, Verschwörungsideen zuzustimmen. Während die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, einen signifikanten Zusammenhang zum Vertrauen in die staatlichen Institutionen, die Wissenschaft und die klassischen Medien sowie zur Zufriedenheit mit der bisherigen Corona-Politik aufweist, ist die Ablehnung mit einer erhöhten Verschwörungsmentalität assoziiert.

„Dieser Befund unserer Befragung bedeutet keineswegs, dass alle Impfskeptiker tatsächlich auch Anhänger von Verschwörungstheorien sind. Dennoch ist es beunruhigend zu sehen, dass diese Verbindung zwischen Verschwörungsmentalität und Impfgegnerschaft seit dem Sommer nachweislich zugenommen hat, ebenso wie die Zustimmung zu derartigen Ideen generell“, sagt Peter Kirsch, Professor für Klinische Psychologie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.

„Auch wenn wir hier keine kausalen Zusammenhänge untersuchen können, steht doch zu befürchten, dass sich die Bereitschaft, Verschwörungen für möglich zu halten, durch kontroverse Debatten der vergangenen Monate weiter in der Bevölkerung ausbreitet.“

Im Rahmen ihres interdisziplinären Forschungsprojektes wollen die Wissenschaftler auch analysieren, wie sich die Bereitschaft der Menschen fördern lässt, sich an wichtige gesellschaftliche Regeln zu halten.

„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, wie wichtig es ist, das Vertrauen in die staatlichen Institutionen, die Wissenschaft und die Medien zu pflegen und zu fördern“, sagt Rechtswissenschaftler Hanno Kube. Die Forscher werden in den kommenden Wochen und Monaten ihre Daten weiter auswerten, um Ansatzpunkte für solche vertrauensfördernden Maßnahmen zu identifizieren.

Quelle: Universität Heidelberg


Die ersten Befragungsergebnisse können Sie hier einsehen.

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