Branche
on
Beratung der Mutter enorm wichtig

Das Ersttrimester-Screening gibt Aufschluss über mögliche Fehlbildungen oder genetische Erkrankungen. © isabelle Limbach / iStock / Thinkstock

| | | |

Pränatale Diagnostik: Beratung der Mutter enorm wichtig

Mit dem sogenannten Ersttrimester-Screening können Fehlbildungen, bestimmte erbliche Erkrankungen des Ungeborenen und auch Krankheiten der Mutter bereits am Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels erkannt werden. Seit 2012 gibt es einen zusätzlichen DNA-Bluttest. Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) empfehlen, einen Bluttest auf Trisomie erst nach einer Ultraschalluntersuchung des Ungeborenen durchführen zu lassen.

„Vielen Eltern könnten durch das Ersttrimester-Screening bereits in der frühen Phase der Schwangerschaft viele Sorgen genommen werden“, erklärt Professor Dr. med. Peter Kozlowski, Vorstandsmitglied der DEGUM. „Denn diese Untersuchung gibt Hinweise auf mögliche genetische Störungen des Ungeborenen oder auch weitere Probleme im Verlauf der Schwangerschaft."

Dabei untersuchen Gynäkologen die Organe des Feten mittels Ultraschall und messen die Nackentransparenz, deren Breite Hinweise auf Trisomie 21 und andere angeborenen Erkrankungen geben kann. Zudem finden Bluttests auf das Schwangerschaftshormon ß-HCG, das Protein PAPP-A und den Plazenta-Wachstumsfaktor PlGF statt.

Kehrseite der Medaille

In Deutschland stehen darüber hinaus seit vier Jahren sogenannte cfDNA-Tests zur Verfügung, die ein Screening auf Trisomien 21, 18 und 13, sowie die Anzahl der Geschlechtschromosome des Ungeborenen erlauben. Mithilfe dieser nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) untersuchen Mediziner das Blutplasma der Schwangeren, in dem sich nicht nur Teilstücke des eigenen Erbmaterials befinden, sondern auch zehn Prozent zellfreie DNA der Plazenta.

Dieser Test hat aber auch eine Kehrseite: „Neben wenigen falsch-negativen können auch falsch-positive Testergebnisse vorkommen, die die werdenden Eltern zu Unrecht in Besorgnis stürzen", gibt der Düsseldorfer zu bedenken. Darüber hinaus erbringen ein bis zwei von 100 Untersuchungen kein Ergebnis, weil ein zu geringer fetaler DNA-Anteil im Blutplasma vorliegt. Doch kombiniert mit einem Ersttrimester-Screening liegt die Aussagekraft des cfDNA-Tests deutlich höher. Insbesondere für Trisomie 21 sinkt so die Falsch-Positiv-Rate auf unter 0,1 Prozent.

„Sehr wichtig ist dabei jedoch, dass eine möglichst differenzierte Ultraschalluntersuchung noch vor dem DNA-Test stattfindet. Denn laut einer aktuellen Metaanalyse können durch die frühe sonoanatomische Untersuchung des Feten bereits rund die Hälfte der kindlichen Fehlbildungen erkannt werden", betont Privatdozent Dr. med. Kai-Sven Heling aus Berlin. „Nur etwa zehn Prozent aller Fehlbildungen sind genetisch bedingt. In allen anderen Fällen kann daher eine Diagnose ohnehin nicht mithilfe genetischer Tests, sondern allenfalls per Ultraschall erstellt werden", erklärt der zukünftige DEGUM-Präsident.

Der Gentest sollte daher nur als ergänzende Maßnahme bei einem unauffälligen Ersttrimester-Screening dienen, nicht jedoch als Ersatz des Ultraschalls. Die DEGUM weist zudem darauf hin, dass der Test nur dann angezeigt ist, wenn bei der Schwangeren eine erhöhte Besorgnis bezüglich der Trisomien 21, 18 und 13 bestünde.

Eingehende pränatalmedizinisch-genetische Beratung

Die Aussagekraft der frühen Fehlbildungsdiagnostik mit strukturiertem Untersuchungsgang liegt deutlich über der einer Routinediagnostik im ersten Schwangerschaftsdrittel. Hierzu veröffentlichte die DEGUM in diesem Jahr eine „practice guideline“, Erstautor ist Professor Dr. med. Constantin von Kaisenberg, Leiter der Geburtshilfe & Pränatalmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Diese Empfehlung greift zum einen das indirekte Screening für Fehlbildungen und Herzfehler auf.

„Auch steht mit der Messung der Nackentransparenz ein auditierbarer Parameter zur Verfügung, welcher Aussagen über die Qualität der frühen Fehlbildungsdiagnostik erlaubt“, erläutert von Kaisenberg. Zusammen mit einer weiteren neuen „practice guideline“ liegen damit für die DEGUM Qualifikation der Stufen I, II und III nun strukturierte Vorschläge für die Ultraschalluntersuchungen in den Schwangerschaftswochen 4 bis 13 vor.

„Das Ersttrimester-Screening und die cfDNA-Tests setzen unbedingt eine eingehende pränatalmedizinisch-genetische Beratung der Schwangeren über die möglichen Befunde voraus", betont Professor Dr. med. Renaldo Faber, Leiter der DEGUM-Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe.

Gemeinsam mit dem behandelnden Gynäkologen müsse die werdende Mutter individuell entscheiden, ob ein auf das Ersttrimester-Screening folgender DNA-Test sinnvoll ist, empfiehlt der Gynäkologe vom Zentrum für Pränatale Medizin in Leipzig. Bislang sind weder das Ersttrimester-Screening noch die Screening-Tests an zellfreier fetoplazentarer DNA in den Mutterschaftsrichtlinien enthalten und werden nicht von der Krankenkasse erstattet.

Weiterführende Diagnostik

Im Falle von positiven Ergebnissen müsse vor einer klinischen Entscheidung, etwa einem Schwangerschaftsabbruch, unbedingt eine weiterführende Diagnostik vorgenommen werden, betonen die Fachvertreter der Sektion Gynäkologie der DEGUM. Hierfür kommen nach wie vor nur Fruchtwasseruntersuchung oder Proben der Plazenta infrage.

Im Rahmen einer Pressekonferenz auf dem jährlichen Treffen der drei deutschsprachigen Ultraschallgesellschaften DEGUM, ÖGUM und SGUM (Dreiländertreffen, DLT) erläutern Experten der DEGUM in Leipzig, was Schwangere beachten müssen, wenn Sie eine umfassende und qualifizierte Vorsorge für sich und ihr ungeborenes Kind wünschen.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)


Publikationen:

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

DNA
Mikroskop und Laborproben

Das könnte Sie auch interessieren

Corona-Virus im Gehirn
Kette von Aminosäuren (Protein)
Dendritische Zellen aktivieren T-Zellen