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Bildung von Biofilmen verhindern

Die Haftkraft einzelner Bakterien bestimmten die Forscher mit Hilfe eines sehr genauen Rasterkraftmikroskops, einem sogenannten Kraftspektroskop. © pkujiahe / iStock / Thinkstock

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Bakterien: Bildung von Biofilmen verhindern

Physiker und Biologen der Universität des Saarlandes haben eine Methode entwickelt, um die Kontaktfläche zwischen Bakterien und Oberflächen zu bestimmen. Interessanterweise muss eine große „Sitzfläche“ nicht gleichzeitig eine große Haftkraft bedeuten, wie man zunächst vermuten würde. Individuelle Eigenheiten einzelner Bakterien zeigen, dass lokale Unterschiede der Zusammensetzung der Zellwandproteine für die unterschiedlich starke Haftung verantwortlich sind.

Bakterien der Spezies Staphylococcus aureus gehören zu den am weitesten verbreiteten und problematischsten Krankheitserregern unserer Zeit. Ihren Erfolg als „Krankenhauskeim“ verdanken sie nicht zuletzt der Tatsache, dass sie sowohl an künstlichen als auch an natürlichen Oberflächen anhaften und dort sehr widerstandsfähige Biofilme bilden können.

Diese Biofilme schützen die einzelnen Bakterienzellen weitestgehend vor der menschlichen Immunabwehr und sind nur schwer wieder von der Oberfläche zu entfernen. Deshalb sind sie beispielsweise auf Implantaten sehr gefürchtet und ein Hauptgrund für Infektionen nach Operationen. Um es nicht so weit kommen zu lassen, ist es sinnvoll, schon die Entstehung von Biofilmen zu vermeiden.

Dazu muss die Wissenschaft den Anhaftungsmechanismus der Bakterien genauer verstehen, so dass sie diesen beeinflussen kann. Zum Beispiel ist es hilfreich zu wissen, wie groß der Anteil einer einzelnen Bakterienzelle ist, der überhaupt mit der jeweiligen Oberfläche in Kontakt kommt. Da die kugelförmigen Bakterien selbst nur einen Mikrometer (ein Millionstel Meter) groß sind, ist es schwerlich möglich, diese Kontaktfläche mit Hilfe eines klassischen Lichtmikroskops zu bestimmen.

Haftkraft auf hydrophobem Bereich stärker

Das Team um die Experimentalphysikerin Karin Jacobs und den Mikrobiologen Markus Bischoff machte sich deshalb eine andere Eigenschaft der Bakterien zunutze: Die Stärke der Haftung einzelner Bakterien ist für verschiedene Oberflächen oft sehr unterschiedlich. So haften die Zellen, die im Fokus der Studie sind, auf stark wasserabweisenden (hydrophoben) Oberflächen wesentlich besser als auf benetzbaren (hydrophilen) Oberflächen.

Die Forscher stellten deshalb auf Grundlage von Silizium eine Oberfläche her, die beide Eigenschaften, stark wasserabweisend und sehr gut benetzbar, auf kleinster Skala gleichzeitig erfüllt. Die Haftkraft einzelner Bakterien auf dieser maßgeschneiderten Oberfläche bestimmten sie anschließend mit Hilfe eines sehr genauen Rasterkraftmikroskops, einem sogenannten Kraftspektroskop: Ein einzelnes Bakterium wird dabei leicht mit der Oberfläche in Kontakt gebracht und anschließend wieder von dieser abgezogen.

Dabei wird die Kraft gemessen, die zum Ablösen des Bakteriums von der Oberfläche erforderlich ist. Dies ist die Haftkraft. Auf dem hydrophoben, dem wasserabweisenden, Bereich ist diese Haftkraft etwa zehn Mal stärker als auf dem hydrophilen Bereich. Diese Prozedur wird nun an unterschiedlichen Stellen der Probe so wiederholt, dass die Messung sukzessive näher an der Grenze zwischen dem hydrophoben und dem hydrophilen Bereich durchgeführt wird, um dann auch die Grenzregion zwischen beiden Bereichen auszumessen und schließlich im rein hydrophilen Bereich bei der niedrigsten Haftkraft zu enden.

Durch die Information über die Haftkraft einer einzelnen Zelle in Abhängigkeit des exakten Ortes auf der maßgeschneiderten Oberfläche, und deren Benetzbarkeit, konnten die Saarbrücker Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Größe der Kontaktfläche zwischen Bakterium und Oberfläche ziehen. Diese Methode bietet sich auch für andere Messungen an, beispielsweise für Haftkraftmessungen mit kleinen Kügelchen („Kolloide“).

Bakterium als Ball

Die Forscher fanden heraus, dass der Durchmesser der rund angenommenen Kontaktfläche in der Größenordnung von einigen zehn bis mehreren hundert Nanometern (ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter) liegt und für verschiedene, gleich große Individuen der Spezies Staphylococcus aureus deutlich schwanken kann. Zum Vergleich wurde auch ein nicht pathogener Verteter der Bakteriengattung Staphylococcus untersucht, der wesentlich schlechter an Oberflächen anhaften kann.

Zur Überraschung der Forscher zeigte sich, dass die Größe der Kontaktfläche keinen Einfluss auf die Stärke der Haftkraft der jeweiligen Bakterienzelle hat. Des Weiteren konnten die Forscher zeigen, dass die Bakterien trotz ihrer kugelförmigen Gestalt nicht als einfache harte Kugeln beschrieben werden können, wenn sie mit einer Oberfläche wechselwirken.

Vielmehr müsse man sich ein Bakterium als einen Ball vorstellen, der mit einem weichen, „zotteligen Fell“ aus Zellwandproteinen überzogen ist, das wesentlich für den Haftungsmechanismus verantwortlich ist. Dieser kann lokal stark unterschiedlich sein, was auf die unterschiedliche Zusammensetzung an Haftproteinen in dieser Region zurückzuführen ist, die die Haftung zu wasserabweisenden Oberflächen besonders gut herstellen kann oder eben nicht.

Die Vorgehensweise der Studie kann prinzipiell auf alle anderen Arten von bakteriellen Erregern angewendet werden, egal ob kugel- oder stäbchenförmig, und die Ergebnisse können den Weg ebnen, Oberflächen zu entwickeln, deren Struktur genau in der Größenordnung der gemessenen Kontaktfläche angepasst wird, um die Haftung von Bakterien zu unterbinden oder, falls die Anhaftung der Bakterien auf diesen Oberflächen gewünscht ist, beispielsweise bei der Abfallbeseitigung, zu verstärken.

Quelle: Universität des Saarlandes


Publikation: K. Jacobs et al.; Determination of the nano-scaled contact area of Staphylococcal cells; Nanoscale, 2017; DOI: 10.1039/c7nr02297b

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