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Erhöhtes Thrombose-Risiko durch COVID-19

Bei COVID-19-Patienten treten häufig auch Komplikationen wie Lungenembolien oder Thrombosen in den Venen auf. © Rasi Bhadramani / iStock / Getty Images Plus

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Gefäßverschlüsse: Erhöhtes Thrombose-Risiko durch COVID-19

Schwere Verläufe von COVID-19 führen häufig zum Verschluss von Blutgefäßen in der Lunge, im Herzen und in der Niere. Mediziner der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München konnten nun zeigen, dass daran aktivierte Immunzellen und Thrombozyten wesentlich beteiligt sind.

Die Infektion mit SARS-CoV2 führt zu einer Atemwegserkrankung, die bei schweren Verläufen zu einem Lungenversagen führen kann. Es wird dann in der Regel notwendig, die Betroffenen invasiv zu beatmen. Parallel treten bei diesen Patienten häufig auch Komplikationen wie Lungenembolien oder Thrombosen in den Venen auf. Ob Lungenversagen und systemische Thromboseneigung bei COVID-19 miteinander verknüpft sind, war bisher unbekannt.

In einer erschienen Arbeit konnten LMU-Mediziner um Leo Nicolai und Konstantin Stark eine pathophysiologische Schnittstelle zwischen Veränderungen in den Lungengefäßen und thrombotischen Komplikationen aufdecken: Die Lungengefäße von schwer erkrankten COVID-19 Patienten wiesen zahlreiche Thrombosen in kleinsten Blutgefäßen auf. Auch im Herz und in der Niere konnten die Forscher derartige Gefäßverschlüsse feststellen.

Erhöhte systemische Thromboseneignung

Die Thromben bestanden überwiegend aus Blutplättchen und aktivierten Entzündungszellen, sogenannten neutrophilen Granulozyten. Die dabei nachgewiesenen Verschlüsse entstehen dadurch, dass entzündliche Prozesse die Blutgerinnung und Blutplättchen aktivieren. Durch diese Immunothrombose soll eigentlich verhindert werden, dass sich Viren und Bakterien im Körper ausbreiten. Allerdings wird durch derartige Gefäßverschlüsse auch die Blutversorgung des Gewebes beeinträchtigt, was zum Lungenversagen beiträgt. Zudem entwickelt sich eine systemische Thromboseneigung.

Die Forscher zeigten anhand multidimensionaler Fluoreszenz-Durchfluss-Analysen, dass im Blut beatmungspflichtiger COVID-19 Patienten mit Lungenversagen stark aktivierte neutrophile Granulozyten und Blutplättchen zu finden sind. Beide Zelltypen aktivieren sich wechselseitig, was letztlich zu Gefäßverschlüssen in der Lunge führt. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Verschlussbildung sind sogenannte NETs (neutrophil extracellular traps). Diese netzartigen Strukturen aus DNA und Granulaproteinen der neutrophilen Granulozyten stabilisieren die Blutgerinnsel.

Dieser zunächst lokale Prozess in der Lunge hinterlässt auch im Blut seine Spuren, dort wird die Blutgerinnung generell stark aktiviert. Dies schlägt sich dann in einer erhöhten systemischen Thromboseneigung nieder. „Diese Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis der pathophysiologischen Mechanismen bei COVID-19 bei“, sagt Konstantin Stark. „Die Immunothrombose ist ein vielversprechender Ansatzpunkt in der Prävention und Therapie des Lungenversagens sowie anderer thrombotischer Komplikationen bei COVID-19.“

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München


Originalpublikation: Leo Nicolai et al.; Immunothrombotic Dysregulation in COVID-19 Pneumonia is Associated with Respiratory Failure and Coagulopathy; Circulation, 2020, DOI: https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.120.048488

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