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Symbolbild Diabetes.

Ein Gendefekt führt zu einem fortschreitenden Versagen der Beta-Zellen, was zum Ausbruch von MODY3-Diabetes führt. © nambitomo / iStock / Getty Images Plus

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MODY3-Diabetes: Forschende untersuchen Krankheitsmechanismen auf Zellebene

Um Diabetes bestmöglich behandeln zu können, ist es notwendig, den Krankheitsmechanismus zu verstehen. MODY Typ 3 (MODY3) ist eine vererbte Form von Diabetes, die durch einen Gendefekt im HNF1A-Gen verursacht wird. Warum führen Mutationen in HNF1A zu MODY3-Diabetes? Ein Forschungsteam ist dieser Frage nachgegangen und konnte einen neuen Krankheitsmechanismus für den Diabetesausbruch bei MODY3 identifizieren.

Aus medizinischer Sicht gibt es verschiedene Arten von Diabetes. „Maturity Onset Diabetes of the Young“ (MODY) ist eine seltene monogenetische (durch die Vererbung einer einzigen Genmutation verursachte) Form von Diabetes, die 1-2 Prozent der Diabetesfälle ausmacht. MODY3 ist die häufigste Form des monogenen Diabetes in der kaukasischen Bevölkerung und wird durch Mutationen im Transkriptionsfaktor HNF1A verursacht.

Die Patient*innen entwickeln eine fortschreitende Hyperglykämie, die durch einen hohen Blutzuckerspiegel gekennzeichnet ist und auf eine gestörte Insulinsekretion aus den β-Zellen zurückzuführen ist. Die Pathogenese, also die Entstehung der Erkrankung, ist jedoch noch unbekannt.

Der Forscher Henrik Semb, Direktor des Instituts für Translationale Stammzellforschung (IST) am Helmholtz Diabetes Zentrum von Helmholtz Munich und sein Team untersuchten anhand von Stammzellen, die aus von Patient*innen gewonnenen Zellen hergestellt wurden, warum Mutationen in HNF1A bei MODY3 progressiv zu Diabetes führen.

Heterogener Phänotyp

Die Wissenschaftler*innen identifizierten einen neuen pathogenen Mechanismus für das Auftreten von Diabetes bei MODY3. Die untersuchte MODY3-Mutation verursacht eine Hypersekretion von Insulin aus β-Zellen. Eine wichtige Erkenntnis, die dazu beitragen kann, den Diabetes bei Träger*innen der Mutation zu verhindern.

Der Phänotyp von MODY3-Patient*innen ist sehr heterogen, was sich unter anderem in einem sehr unterschiedlichen Alter beim Ausbruch der Krankheit zeigt. Trotz zahlreicher Bemühungen, den zugrundeliegenden Krankheitsmechanismus von MODY3 zu verstehen, sind die Faktoren die Krankheitsausbruchs auslösen nur unzureichend bekannt. Ein besseres Verständnis dessen, was Diabetes bei MODY3-Patient*innen auslöst, eröffnet die Möglichkeit gezielter Behandlungen, die die Krankheit verzögern oder sogar verhindern.

Unter Verwendung von patientenspezifischen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) rekapitulierten die Erstautoren Florian Hermann und Maya Kjærgaard sowie ihre Kolleg*innen die Empfindlichkeit der Insulinsekretion gegenüber dem Membrandepolarisator Sulfonylharnstoff, ein Phänomen, das häufig bei MODY3-Patient*innen beobachtet wird.

Übermäßige Insulinsekretion

Unerwarteterweise zeigten MODY3-Patienten-spezifische HNF1A+/R272C β-Zellen eine übermäßige Insulinsekretion sowohl in vitro als auch in vivo nach Transplantation in Mäuse. Übereinstimmend wurde ein Trend zu einem erhöhten Geburtsgewicht bei menschlichen HNF1A-Mutationsträgern im Vergleich zu gesunden Geschwistern festgestellt.

Eine verringerte Expression von Kaliumkanälen, insbesondere des KATP-Kanals, in MODY3-β-Zellen führte zu einer erhöhten Kalzium-Signalisierung.

Die Rettung des Phänotyps der Insulinhypersekretion durch pharmakologische Maßnahmen an ATP-sensitiven Kaliumkanälen oder an Kalziumkanälen, die durch niedrige Spannungen aktiviert werden, legt nahe, dass der Hypersekretion von Insulin in MODY3 β-Zellen eine effizientere Membrandepolarisation zugrunde liegt.

Auftreten von MODY3-Diabetes verzögern

Die Studie unterstreicht die Bedeutung von patientenspezifischen iPSCs als Plattform für die Untersuchung früher Krankheitsmechanismen, die den Weg für eine personalisierte Medizin ebnen. Die Ergebnisse unterstreichen ebenfalls die Notwendigkeit einer frühzeitigen Erkennung von Hyperinsulinämie bei HNF1A-Mutationsträger*innen.

Hyperinsulinämie ist ein Zustand mit abnorm hoher Insulinkonzentration im Blut. Diese führt zu einer Senkung des Blutzuckerspiegels, der, wenn er zu niedrig ist, lebensbedrohlich sein kann.

Mit diesem Wissen ebneten die Forscher*innen um Henrik Semb den Weg für weitere Untersuchungen, um zu testen, ob Behandlungen zur Verhinderung von Hyperinsulinämie – wie Diäten oder Medikamente – bei Neugeborenen, die Träger*innen von HNF1A-Mutationen sind, das Auftreten von MODY3-Diabetes im späteren Leben verzögern oder sogar verhindern können.

Quelle: Helmholtz Zentrum München


Originalpublikation: Hermann et al.; An insulin hypersecretion phenotype precedes pancreatic β cell failure in MODY3 patient-specific cells; Cell Stem Cell, 2022; DOI: 10.1016/j.stem.2022.12.001

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