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Forschende wollen MRT-Untersuchungen verbessern

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Effizienter und leiser: Forschende wollen MRT-Untersuchungen verbessern

Die Magnetresonanztomographie ist aus der Diagnostik nicht mehr wegzudenken. Über Metamaterialien, gedruckte Leiterplatten, deren Eigenschaften sich gezielt einstellen lassen, lässt sich die Messempfindlichkeit um den Faktor fünf verbessern. Zudem können Metamaterialien die Untersuchung beschleunigen und leiser gestalten. Forscherinnen und Forscher der Fraunhofer-Institute für Digitale Medizin MEVIS und für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR arbeiten gemeinsam daran, Untersuchungen für Patienten angenehmer zu gestalten.

Gehirn und Rückenmark, innere Organe, Muskeln und Gelenke lassen sich mit der Magnetresonanztomographie, kurz MRT, schichtweise abbilden und untersuchen. Dabei nutzt man aus, dass sich bestimmte Atomkerne im Körper minimal magnetisieren lassen. Selbst die Bewegungen von Organen, etwa das Schlagen des Herzens, können bildlich dargestellt werden. Doch so eindrucksvoll und aufschlussreich die Bildgebung auch ist: Für die Patienten ist die Untersuchung oft unangenehm, schließlich ist es in der Röhre laut.

Künftig könnte es für Patienten angenehmer werden, sich solch einer Untersuchung zu unterziehen. Denn Forscherteams der Fraunhofer-Institute MEVIS und FHR konnten in einem Fraunhofer-Projekt die Empfindlichkeit von MRT-Geräten unter bestimmten Umständen um ein Vielfaches nach oben schrauben.

Steigerung der Messempfindlichkeit

„Arbeitet das MRT mit Hochfrequenzspulen, die auf den Körper des Patienten aufgelegt werden, können wir die Dynamik je nach Fragestellung um bis zu 20 Prozent verbessern˜, sagt Dr. Thomas Bertuch, Teamleiter am Fraunhofer FHR. „Werden die im MRT-Gerät fest verbauten Spulen verwendet, ist sogar eine Verfünffachung des gemessenen Signals möglich.” Für die Mediziner bedeutet das, dass sie Strukturen auf den MRT-Bildern deutlich detailreicher erkennen können.

Den großen Sprung in der Empfindlichkeit erreichen die Forscherteams durch spezielle Metamaterial-Platten. Diese sollen während der MRT-Untersuchung auf die zu untersuchende Stelle des Körpers gelegt werden. „Die Metamaterialien sind keine Materialien im üblichen Sinne, sondern Leiterplatten, die mit speziellen Strukturen und Leiterbahnen bestückt sind. Auf diese Weise lassen sich Materialien mit effektiven Eigenschaften designen, wozu auch solche gehören, die in der Natur nicht vorkommen”, erläutert Bertuch.

Während das elektromagnetische Feld, mit dem man die Atome im Körper anregt, recht stark sein muss, ist das Signal, das die Atome zurücksenden und das gemessen werden soll, extrem schwach. Gestaltet man die Leiterbahnen der Metamaterialien entsprechend, können sie die vom Körper zurückgestrahlten Magnetfelder optimal bündeln und die Messempfindlichkeit somit in die Höhe treiben. Eine Herausforderung, der sich die Forscher dabei stellen mussten: Die zurückgestrahlten Signale haben die gleiche Wellenlänge bzw. Frequenz wie die anregenden.

Magnetfeld im Raum

Doch das anregende Signal ist bereits sehr stark, es ist daher nicht gewünscht, dieses noch weiter zu verstärken. Mit einem Trick konnten die Forscherinnen und Forscher dieses Hindernis umgehen: Sie integrieren nichtlineare Bauteile, etwa Dioden, in die Metamaterialien. Ist das Feld stark, verstimmen diese Bauteile die Resonanzfrequenz der Platte so, dass keine Verstärkung auftritt. Ist das Feld dagegen schwach, wird das Signal wie gewünscht verstärkt.

Im hauseigenen MRT-Gerät des Fraunhofer MEVIS haben die Forscher bereits verschiedene Metamaterial-Platten vermessen und ihren verstärkenden Effekt nachgewiesen. An den beiden Fraunhofer-Instituten steht weiteres Mess-Equipment zur Verfügung, unter anderem ein Messsystem, mit dem sich das Magnetfeld im Raum sowie seine Änderung durch die Metamaterial-Platten genau untersuchen lässt.

Wer schon einmal in einem MRT-Gerät gelegen hat, weiß: Neben der Enge ist es vor allem das laute Geräusch, das den Patienten Nerven kostet. Um bestimmen zu können, von welcher Stelle im Körper welches Signal zurückgesendet wird, braucht man üblicherweise ein räumlich unterschiedlich starkes Magnetfeld, das Gradientenfeld. Dieses wird durch schaltbare Spulen dem starken permanenten Magnetfeld dynamisch überlagert, was das laute Geräusch hervorruft.

Weitere Untersuchungen notwendig

„Das lauteste Geräusch erzeugt meist der Teil der Messung, bei dem die Bilder aufgenommen werden”, erklärt Prof. Matthias Günther, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer MEVIS. „Wir arbeiten daran, diese Geräuschquelle mit Metamaterialien komplett ausschalten zu können.” Im Projekt setzen die Forscher dazu auf ein Arraysystem aus Metamaterialien. Die Signale aus den verschiedenen Körperregionen treffen auf verschiedenen „Pixeln” im Arraysystem auf, die Lokalisierung der Signale ist also gleich mit inbegriffen. Im Frühjahr 2021 soll der erste Prototyp fertig sein, den die Forscher dann in weiteren Schritten noch optimieren wollen.

Gänzlich still wird es bei der Untersuchung zwar nicht: Gegen das Geräusch, das beim Schalten des Magnetfelds für spezielle Bildinformationen wie den Blutfluss oder auch Diffusionseffekte entsteht, lässt sich derzeit noch nichts ausrichten. Allerdings kann dieses deutlich leiser als das durch die Bildgebung erzeugte Geräusch gemacht werden. Kann man bei der Bildgebung auf zusätzliche Magnetfeldschaltungen verzichten, wird man auch deutlich schneller.

„Nach theoretischen Berechnungen sollten wir durch unsere Technologie bis zu tausendmal schneller werden können, wie schnell genau es in der Praxis sein wird, müssen die Experimente noch zeigen”, sagt Günther. Damit hätte der Patient die Untersuchung deutlich schneller und leiser hinter sich.

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft

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