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Gefährliche Entzündungsreaktionen hemmen

Fettzellen der Maus aus der Zellkultur; rot gefärbt: Lipide in der Zelle © Universität Ulm

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Folgen der Fettleibigkeit: Gefährliche Entzündungsreaktionen hemmen

Sie beseitigen Krankheitserreger, entsorgen Zellreste aber auch Proteine und Lipide, wo diese nicht hingehören: Makrophagen, die auch als Fresszellen bekannt sind. Doch Makrophagen können auch entzündliche Prozesse auslösen, die Zellen und Gewebe schädigen. Ist der Fettanteil im Körper stark erhöht, senden sie Gefahrensignale aus, die gefährliche Entzündungsreaktionen auslösen können. Wissenschaftler der Universität Ulm haben nun herausgefunden, dass ein bestimmtes Hormon (Neuropeptid FF) Fettgewebs-Makrophagen davon abhalten kann, solche gewebeschädigenden Entzündungen hervorzurufen.

„Fettleibigkeit ist ein hoher Risikofaktor für das Auftreten entzündlicher Prozesse", erklärt Dr. Tamás Röszer, Arbeitsgruppenleiter am Ulmer Institut für Molekulare Endokrinologie der Tiere. Wenn der Fettanteil im Körper so hoch ist, dass die Fettzellen platzen und sich die unverpackten Lipide chemisch verändern, kommen die Makrophagen im Fettgewebe mit den Räumarbeiten nicht mehr nach und schlagen Alarm.

Sie senden kontinuierlich Gefahrensignale aus und rufen damit körperweit gefährliche Entzündungsreaktionen hervor. Und diese Signale setzen den Körperzellen auf Dauer ganz schön zu und schädigen das Gewebe. Das geht soweit, dass Zellen an der Aufnahme von Glucose gehindert werden und diese dabei sogar verhungern. Der Glukosespiegel im Blut steigt dadurch an und bewirkt, dass Körperproteine chemisch modifiziert werden.

Auf diese veränderten Proteine reagieren Makrophagen wiederum mit der Ausschüttung weiterer Entzündungssignale. „Dieser ungesunde Kreislauf mündet nicht selten in Krankheiten wie Typ2-Diabetes, Atherosklerose oder Lebererkrankungen. Aber auch Osteoporose oder eine Erkrankung der Herzkranzgefäße werden dadurch begünstigt", sagt Röszer.

Neuropeptid FF stoppt Makrophagen

Doktorand bei RNA-Analyse © Elvira Eberhardt / Universität UlmDoktorand Syed F. Hassnain Waqas aus der AG Röszer bereitet die RNA-Analyse von Fettzellen vor. © Elvira Eberhardt / Universität Ulm

In Kooperation mit internationalen Forscherkollegen aus Frankreich, Spanien, Taiwan, Korea und den USA haben die Ulmer Wissenschaftler in einer experimentellen Studie an Mäusen jetzt nachweisen können, dass ein bestimmtes Hormon das gewebeschädigende Verhalten der Makrophagen im Fettgewebe unterbinden kann. Das Neuropeptid FF (NPFF) ist bisher für seine Wirkung als Schmerz-Modulator sowie als Appetitzügler bekannt.

Röszer konnte mit seinen Institutskollegen und Kollaborationspartnern in der neuen Studie nun zeigen, dass der Hormonspiegel dieses Neuropeptids besonders hoch war, wenn die Tiere schlank waren oder zuvor auf Diät gesetzt wurden und dabei die Kalorienzufuhr reduziert wurde. „Wir haben dabei beobachten können, dass die Makrophagen direkt auf dieses Neuropeptid reagieren und daraufhin kaum noch Entzündungssignale aussenden", so Syed F. Hassnain Waqas, Doktorand am Institut und Erstautor der Studie.

Außerdem gelang es den Forschern, den Grund für das Gewebe-schonende Verhalten der Makrophagen aufzudecken. „Das Hormon regt die Selbsterneuerung der Fettgewebs-Makrophagen an. Die entzündungsauslösenden Immunzellen werden dabei durch unschädliche Makrophagen ersetzt", vermuten die Molekularbiologen.

Folgeerkrankungen wirksam begegnen

Bei starkem Übergewicht oder Fettleibigkeit ist dieser Selbsterneuerungsmechanismus gestört, weil der Körper zu wenig Neuropeptid FF im Blut ist. Wurde nun der Neuropeptid FF-Spiegel experimentell angehoben, normalisierte sich der Zellstoffwechsel, und die entzündungsbedingten Gewebeschäden gingen zurück.

„Unsere Studie ist ein guter Ausgangspunkt, um möglichen Folgeerkrankungen von starkem Übergewicht und von Fettleibigkeit therapeutisch zu begegnen. Die Ergebnisse sind jedenfalls vielversprechend", glaubt der habilitierte Wissenschaftler Röszer, der die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Europäischen Kommission geförderte Studie federführend betreut hat.

Besonders vor Augen haben die Wissenschaftler dabei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes Typ 2, die Mediziner und Gesundheitsökonomen vor gleichermaßen große Herausforderungen stellen. Denn mit der weltweiten Zunahme an Menschen, die unter Fettleibigkeit (Adipositas) leiden, ist auch die Zahl der Typ2-Diabetiker in den letzten 30 Jahren dramatisch angestiegen. Nicht nur für den Einzelnen hat dies spürbare Folgen, sondern auch für ganze Gesundheitssysteme.

Quelle: Universität Ulm


Publikation: Röszer T. et al.; Neuropeptide FF increases M2 activation and self-renewal of adipose tissue macrophages; The Journal of Clinical Investigation, 2017; doi: 10.1172/JCI90152

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