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Neue Therapieansätze gegen resistente Blutkrebszellen

Blutbildende Zellen des Knochenmarks. © Konrad Aumann

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Leukämie: Neue Therapieansätze gegen resistente Blutkrebszellen

Kürzlich veröffentlichten Freiburger Forscher um Dr. Tilman Brummer, Prof. Dr. Jörn Dengjel, Dr. Konrad Aumann und Dr. Sebastian Halbach zwei neue Studien, in denen sie neue Erkenntnisse gewinnen konnten, wie Chronische myeloische Leukämie (CML) und das Protein Gab2 zusammenhängen und welche Medikamente eine bestimmte Resistenz von Gab2 bei CML brechen können. Die Forschung des Teams wird mit rund 200 000 Euro von der José Carreras Leukämie-Stiftung gefördert.

Chronische myeloische Leukämie (CML) entsteht durch bösartige Veränderungen von blutbildenden Zellen des Knochenmarks und tritt meist bei älteren Menschen auf. Etwa 20 Prozent der Leukämie-Erkrankten im Erwachsenenalter leiden an dieser Art Blutkrebs. Das Protein Gab2 wirkt als Verstärker von krebserregenden Signalen und liegt bei CML oft in höherer Menge vor als in gesunden Zellen üblich.

Gab2 funktioniert ähnlich wie eine Mehrfachsteckdose für Proteine in einer Signalkette: Es kann ein Signal, das es erhält, an mehrere Enzyme weitergeben und dieses zudem verstärken. Ist Gab2 in hoher Menge vorhanden, entfaltet es häufig krebserregende Eigenschaften. Bei CML verstärkt Gab2 das Signal des Proteins Bcr-Abl: Dieses sorgt dafür, dass bestimmte Zellen im Knochenmark und im Blut unkontrolliert wachsen, und treibt somit den Krebs an.

Lebenslange Behandlung erforderlich

Bei der Therapie von CML kommen häufig Tyrosinkinaseinhibitoren (TKIs) zum Einsatz, die die Bcr-Abl-Aktivität blockieren. Doch auch wenn diese zielgerichtete Therapie erfolgreich ist, ist es nicht möglich, alle kranken Zellen – besonders die Leukämie-Stammzellen im Knochenmark – abzutöten. Eine lebenslange Behandlung ist erforderlich, um die Krankheit zu kontrollieren.

Im Verlauf der Therapie erwerben viele Leukämien Resistenzen gegenüber den eingesetzten TKIs und es kommt zum Rückfall. Zudem gibt es primäre Resistenzen, bei denen Leukämie-Zellen von Beginn an ungenügend auf bestimmte TKIs ansprechen. Die primären und erworbenen Resistenzen stellen ein großes und noch schlecht verstandenes Problem bei der Behandlung der CML dar.

Das Freiburger Team hat gezeigt, dass die Medikamente Sorafenib und Axitinib, die bislang nur für Nieren- und Leberkrebs zugelassen sind, auch in CML-Modellsystemen Wirkung zeigen. In Zellkulturexperimenten waren beide Hemmer in der Lage, verschiedene Formen der TKI-Resistenz zu brechen: Resistenzen, die durch zusätzliche Mutationen des Gens BCR-ABL verursacht werden, sowie solche, die durch hohe Mengen des Proteins Gab2 hervorgerufen werden. Beide Medikamente könnten daher eine Alternative in der CML-Therapie darstellen – besonders bei Patienten, die eine Resistenz gegenüber der bisherigen Medikation entwickelt haben.

Rolle von Gab2 bei der Entstehung und Ausbreitung der CML

Darüber hinaus wiesen die Forscher die wichtige Rolle von Gab2 bei der Entstehung und Ausbreitung der CML nach. In einem Mausmodell, in dem durch Einbringen von Bcr-Abl im Knochenmark die CML-Entstehung nachvollzogen werden kann, führte ein Mangel an Gab2 zu deutlich abgeschwächten oder ausbleibenden Krankheitssymptomen. Dies zeigt, dass Gab2 für die Entwicklung und das Fortschreiten der Krankheit zentral ist.

Zukünftig könnten Ärzte Gab2 daher als Biomarker verwenden, also mithilfe einer Gab2-Messung darauf schließen, wie die Krankheit verlaufen wird. Außerdem könnte Gab2 als neues therapeutisches Angriffsziel in der Behandlung der CML dienen. Tilman Brummer leitet eine Forschungsgruppe am Institut für Molekulare Medizin und Zellforschung der Albert-Ludwigs-Universität. Sebastian Halbach forscht in Brummers Arbeitsgruppe und war Mitglied der Spemann Graduiertenschule für Biologie und Medizin (SGBM). Jörn Dengjel war Gruppenleiter am Zentrum für Biosystemanalyse der Universität, wechselte jedoch an die Universität Fribourg in der Schweiz.

Brummer ist Mitglied des Freiburger Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies sowie Principal Investigator in der SGBM und im Sonderforschungsbereich 850 der Albert-Ludwigs-Universität, „Kontrolle der Zellmotilität bei Morphogenese, Tumorinvasion und Metastasierung“. Die Studie entstand in enger Zusammenarbeit mit Dr. Konrad Aumann aus dem Institut für klinische Pathologie des Universitätsklinikums Freiburg und unter Mitwirkung des Labors von BIOSS-Mitglied Prof. Dr. Robert Zeiser, Innere Medizin I, Universitätsklinikum Freiburg.

Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau


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