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Neue Therapieoption für schwere Lungenentzündung

Um die Infektion der Lunge im OCS zu behandeln, explantierten die Ärzte zunächst den betroffenen Lungenflügel und implantierten ihn in ein OCS. © Natali_Mis / iStock / Thinkstock

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Organ Care System: Neue Therapieoption für schwere Lungenentzündung

Aufgrund der vermehrt auftretenden Antibiotikaresistenzen gibt es für schwere Lungenentzündungen immer öfter keine alternative Behandlungsmöglichkeit mehr. Ärzte der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben erstmals mit dem Organ Care System (OCS) erfolgreich eine von antibiotikaresistenten Bakterien verursachte Lungenentzündung außerhalb des Körpers behandelt.

In der Pilotstudie untersuchte das Team um Professor Dr. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, ob sich die Behandlung von Schweinen, die an schwerer Lungenentzündung erkrankt waren, mit hoch dosierten Antibiotika in einem Organ Care System (OCS) als neue Therapie für ansonsten unheilbare antibiotikaresistente Lungeninfektionen eignet.

Die Mediziner behandelten zum einen erkrankte Tiere mit der für den Körper verträglichen Dosis des Antibiotikums Colistin und zum anderen den explantierten erkrankten Lungenflügel im OCS mit der hundertfachen Dosis des Antibiotikums.

„Eine solche Dosis wäre für den Patienten nicht verträglich. Sie würde zu Nierenversagen und Schäden am zentralen Nervensystem führen“, erklärt Dr. Norman Zinne, Facharzt in der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie. Um die Infektion der Lunge im OCS zu behandeln, explantierten die Ärzte zunächst den betroffenen Lungenflügel und implantierten ihn in ein OCS.

Therapeutische Strategie für schwer verlaufende Infektionen

Forscher vor Lunge © MHHDr. Norman Zinne (links) und Professor Dr. Axel Haverich an einem Organ Care System (OCS), das eine Schweinelunge enthält. Professor Haverich hält die Steuereinheit für das OCS. © MHH

Das OCS ist ein mobiles Gerät für die ex vivo-Lungenperfusion. In dem Gerät wird das Organ körperwarm transportiert, von Spenderblut durchflossen und mit Nährstoffen versorgt, oder eben auch mit Antibiotika. Die Lunge wird im OCS während der Behandlung beatmet und kann sich so selbst mit Sauerstoff versorgen. Nach der zweistündigen Behandlung implantierten die Ärzte den Lungenflügel wieder in das Tier.

„Während in der nicht behandelten Kontrollgruppe und der konventionellen behandelten Gruppe nur ein Drittel der Schweine die Lungenentzündung überlebte, erholten sich Zweidrittel der Tiere, deren Lungen wir außerhalb des Körpers behandelt haben, von der Erkrankung“, sagt Dr. Zinne. Auch die klinischen Symptome der Infektion waren in der OCS-Gruppe weniger schwerwiegend als in den anderen Gruppen.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Behandlung von multiresistenter Lungenentzündung mit sehr hoch dosierten Antibiotika außerhalb des Körpers eine neue therapeutische Strategie für schwer verlaufende Infektionen darstellt, für die es ansonsten keine alternativen Therapien mehr gibt“, sagt Professor Haverich.

„Bevor wir die Methode auf den Menschen übertragen können, werden wir zur Sicherheit der Patienten noch weitere Studien im Tiermodell durchführen“, betont er. „Es ist durchaus denkbar, die Methode auf weitere Organe wie das Herz oder andere Therapieoptionen wie Chemo- oder Zelltherapien zu übertragen.“

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover (MHH)


Weitere Informationen:

Das Antibiotikum Colistin – Colistin ist ein Antibiotikum, das bereits seit den fünfziger Jahren bekannt ist, aufgrund seiner für den Körper giftigen Eigenschaften bisher jedoch nur sehr selten verwendet wurde. Bedingt durch das Auftreten von antibiotikaresistenten Bakterien wird Colistin seit einiger Zeit auch vermehrt als Reserveantibiotikum zur Behandlung von Lungenentzündungen eingesetzt, die durch das antibiotikaresistente Bakterium Pseudomonas aeruginosa verursacht werden.

Originalpublikation: Axel Haverich et al.; Treatment of infected lungs by ex vivo perfusion with high dose antibiotics and autotransplantation: A pilot study in pigs; PLOS One, 2018; DOI: 0.1371/journal.pone.0193168

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