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Neues Herstellungsverfahren entwickelt

Und wieder hat ein 3D-Drucker in der medizinischen Forschung unterstützt. © kynny / iStock / Getty Images Plus

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Aceton-Sensoren: Neues Herstellungsverfahren entwickelt

Die Herstellung hochempfindlicher Sensoren ist aufwendig: Viele verschiedene Prozessschritte und die nahezu staubfreie Umgebung spezieller Reinräume sind dafür nötig. Ein Forschungsteam aus der Materialwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Biomedizintechnik der Technischen Universität Moldawien hat jetzt ein Verfahren entwickelt, um äußert sensible und energieeffiziente Sensoren per 3D-Druck herzustellen.

Die einfache und kostengünstige Herstellungsmethode eignet sich auch für eine industrielle Fertigung, erläuterte das Team kürzlich in einem Fachmagazin. Ihr dort vorgestellter Sensor ist durch eine spezielle Strukturierung auf Nanoebene in der Lage, die Konzentration von Acetongaspräzise zu messen.

Da die Aceton-Konzentration im Atem mit der Höhe des Blutzuckerspiegels korreliert, hofft das Forschungsteam, damit auch einen Schritt hin zu einem Atemtest für Diabetikerinnen und Diabetiker gemacht zu haben, der die tägliche Messung per Stich in den Finger ersetzen könnte. 

Unter einem hochauflösenden Elektronenmikroskop wird die besondere Oberfläche der neuen Sensoren sichtbar: In einem Dickicht aus zahlreichen Spitzen von nur etwa 20 Nanometern Durchmesser verfangen sich Moleküle von Gasen wie Aceton besonders leicht. Die Spitzen vergrößern die Sensoroberfläche und sorgen so für seine hohe Empfindlichkeit.

„Direct Ink Writing“-Verfahren

„Um diese besondere Struktur zu erreichen, erhitzen wir einfache Mikropartikel aus Metall bis sich auf ihnen die zahlreichen feinen Spitzen bilden. Mit einer speziell entwickelten Tinte können wir diese Partikel per 3D-Drucker auf verschiedene Oberflächen präzise auftragen “, erklärt Leonard Siebert das sogenannte „Direct Ink Writing“-Verfahren.

Als Doktorand in der Arbeitsgruppe „Funktionale Nanomaterialien“ forscht er an der CAU unter anderem zu additiven Fertigungstechniken wie dem 3D-Druck. Das in der Studie vorgestellte automatisierte 3D-Druckverfahren lässt sich für ihr Sensorkonzept an normaler Umgebungsluft durchführen. So entstehen in wenigen Minuten mehrere Sensoren gleichzeitig, wofür es in Reinräumen bisher ein paar Stunden brauchte. Für die Partikel können verschiedene Ausgangsmaterialien verwendet und angepasst werden, je nachdem welches Gas der Sensor später detektieren soll.

„Noch ist das in erster Linie Grundlagenforschung, aber in Zukunft lassen sich nach diesem Prinzip auch Sensoren für Wasserstoff oder andere explosive oder gefährliche Gase entwickeln“, ist CAU-Professor Rainer Adelung, Leiter der Arbeitsgruppe, überzeugt.

Mikropartikel mit 3D-Druck auftragen

Um die besonderen Spitzen bilden zu können, müssen die Metallpartikel als Ausgangsmaterial des Sensors eine bestimmte Größe haben. „Entscheidend ist das richtige Verhältnis von Oberfläche und Volumen, die Oberfläche sollte im Vergleich zum Volumen relativ groß sein“, erklärt Dr. Oleg Lupan aus der Biomedizintechnik an der Technischen Universität Moldawien.

Sechs Monate erforschte er diesen Prozess als Humboldt Fellow in der Kieler Arbeitsgruppe. Was für die Empfindlichkeit der Sensoren von Vorteil ist, erweist sich bei ihrer Herstellung als Herausforderung: Während sich kleinere Partikel mit etablierten Techniken wie Sprühverfahren oder Vakuum-Aufdampfanlagen leicht auf Oberflächen anbringen lassen, sind die hier verwendeten Mikropartikel dafür bereits zu groß.

„Deshalb haben wir überlegt, wie wir 3D-Drucker nutzen können, um die Mikropartikel aufzutragen“, so Materialwissenschaftler Siebert. „Die Kenntnisse der Kollegen der TU Moldawien zur Nanostrukturierung und unsere Erfahrungen im 3D-Druck haben sich hier ideal ergänzt.“

Zukünftige Einsatzmöglichkeiten für die Sensoren

Wenn im fertigen Sensor organische Moleküle auf die zahlreichen Spitzen treffen, reagieren sie stark miteinander. So verändern sie den Widerstand des Sensors und lösen deutlich messbare Signale aus. Grundsätzlich fließt durch die dünnen Spitzen jedoch nur eine geringe Menge Strom. „So verbrauchen unsere Sensoren nur sehr wenig Energie“, erklärt Lupan. „Das macht auch kleine, tragbare Messgeräte denkbar, die sich zum Beispiel direkt über das Smartphone auslesen lassen.“

Das könnte einen zukünftigen Einsatz der Sensoren in mobilen, tragbaren Atemtests für Diabetikerinnen und Diabetiker ermöglichen, hoffen die Forschenden. Statt ihren Blutzuckerwert mehrmals täglich über einen Stich in den Finger zu ermitteln, könnten Betroffene den Acetongehalt in ihrem Atem messen. Das Stoffwechselprodukt entsteht bei Insulinmangel und wird über die Atemluft abgegeben.

Die hochempfindlichen Sensoren konnten Acetonwerte von bis unter 1 ppm (Partikel pro Millionen Luftteilchen) feststellen, heißt es in der Studie, während der Atem von Diabetes Typ I oder II Betroffenen einen Acetongehalt über 2 ppm hat. Die Arbeit entstand mit Unterstützung der Forschungsgruppe 2093 „Memristive Bauelemente für neuronale Systeme“ an der Universität Kiel.

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)


Ori­gi­nal­pu­bli­ka­ti­on: Rainer Adelunget al.; Facile fabrication of semiconducting oxide nanostructures by direct ink writing of readily available metal microparticles and their application as low power acetone gas sensors; Nano Energy, 2020; doi: 10.1016/j.nanoen.2019.104420

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