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Pilzgift ist diesjähriger Gewinner

Der Pilz Candida albicans kommt in unschädlicher Form auf Schleimhäuten vor. © arcyto / iStock / Thinkstock

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Wirkstoff des Jahres: Pilzgift ist diesjähriger Gewinner

Der Leibniz-Forschungsverbund „Wirkstoffe und Biotechnologie“ zeichnete Dr. Duncan Wilson, Dr. Selene Mogavero und Prof. Bernhard Hube vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut in Jena sowie Prof. Thomas Gutsmann vom Forschungszentrum Borstel - Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften für ihre bedeutende Forschung auf dem Gebiet von bioaktiven Substanzen im Rahmen der Leibniz-Wirkstofftage in Freising aus.

In internationaler Zusammenarbeit mit britischen und US-amerikanischen Kollegen identifizierten die Forscher ein Gift des krankheitserregenden Hefepilzes Candida albicans. Das Toxin durchlöchert die Membran der Wirtszelle und führt so zu ihrer Auflösung, auch Lyse genannt. Candidalysin, so der Name des Peptids, trägt somit entscheidend zur krankmachenden Wirkung des Hefepilzes bei.

Die Entdeckung des Gifts ist aus zweierlei Hinsicht auszeichnungswürdig: Zum einen gelang es Wissenschaftlern jahrzehntelang nicht, Moleküle nachzuweisen, die für die Gewebeschädigung und den Verlauf einer Pilzinfektion verantwortlich sind. Gerade bei Candida albicans sind diese Prozesse interessant, da der Pilz in unschädlicher Form auf Schleimhäuten vorkommt.

Bei vielen Frauen, sehr jungen oder alten Menschen oder auch bei AIDS-Erkrankten kann er jedoch oberflächliche Infektionen hervorrufen. Bei schwer immungeschwächten Patienten löst Candida albicans sogar lebensgefährliche Infektionen aus. Mit der Entdeckung des Candidalysins machten die Wissenschaftler nun einen entscheidenden Schritt, um die Krankheitsmechanismen infektiöser Pilze besser zu verstehen und künftig möglicherweise Therapien ableiten zu können.

Internationale Gemeinschaftsarbeit

Der Leibniz-Forschungsverbund würdigt damit auch die Beharrlichkeit des internationalen Wissenschaftlerteams, die bei solch einer detektivischen Kleinarbeit vonnöten war. Denn der Grund, warum die Mikrobiologen Candidalysin erst nach Jahrzehnten intensiver Suche entdeckten, ist ein Trick des Pilzerregers: Candida albicans bildet zunächst ein größeres Molekül, ein Polyprotein. Erst ein Enzym schneidet es in mehrere Teile, unter denen dann das krankmachende Gift ist.

Aus einer ungefährlichen Vorstufe wird auf diese Weise erst dann eine schädliche Substanz, wenn der Erreger sie benötigt. Forscher vom King’s College in London, die am Pilzbefall im Mundraum arbeiten, gaben den Impuls für die Analysen am HKI: Das Team um HKI-Abteilungsleiter Prof. Bernhard Hube, der gleichzeitig einen Lehrstuhl an der Friedrich-Schiller-Universität Jena innehat, untersuchte die molekulare Ebene des Aufeinandertreffens zwischen Pilz und Wirt und lieferte als erstes den Beweis, dass Candidalysin eine Schädigung in der Wirtszelle verursacht.

Prof. Thomas Gutsmann, Biophysiker am Forschungszentrum Borstel – Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften, und seine Kollegen erforschten schließlich die Wirkung des Giftes auf die Zellmembran. Mit zusätzlichen Beiträgen aus Großbritannien und den USA veröffentlichte das Forscherteam die Erkenntnisse.

Weitere Forschung

Im Kampf gegen gefährliche Pilzinfektionen ist die Entdeckung des Toxins nur der Anfang: Forscherteams prüfen nun die Auseinandersetzung zwischen Gift und Immunsystem auf molekularer Ebene und welche Aufgaben andere genetische Bestandteile des Pilzes bei einer Infektion übernehmen.

Interessant ist darüber hinaus, ob Candidalysin auch auf Bakterien wirkt oder es einen Austausch zwischen dem Gift und Bakterien in gemeinsamen Lebensräumen wie dem menschlichen Darm gibt. Der Leibniz-Forschungsverbund „Wirkstoffe und Biotechnologie“, gefördert durch die Leibniz-Gemeinschaft, verleiht jährlich anlässlich der Leibniz-Wirkstofftage einen Preis für wichtige Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet von bioaktiven Substanzen. Preisträger erhalten eine Medaille, ein Zertifikat und 2000 Euro Preisgeld.

Quelle: Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI)

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