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Neuronen tauschen elektrische Impulse aus.

Forschende konnten einen schützenden Einfluss von Progesteron auf die Nervenzellen des Enterischen Nervensystem nachweisen. © CIPhotos / iStock / Getty Images Plus

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Studie: Progesteronrezeptoren im Darm können Parkinson-Erkrankung beeinflussen

Forschende der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben erstmals Progesteronrezeptoren in den Nervenzellen des Magen-Darm-Trakts entdeckt. Sie konnten zeigen, dass Progesteron eine schützende Wirkung auf diese Zellen hat. Diese Entdeckung eröffnet neue Perspektiven für die Entwicklung neuroprotektiver Therapien zur Bekämpfung von Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer.

Zwischen den Nervenzellen des Magen-Darm-Trakts und denen im Gehirn und Rückenmark gibt eine gegenseitige Kommunikation. Sie lässt vermuten, dass das Nervensystem des Verdauungstrakts Einfluss auf Prozesse im Gehirn nehmen könnte, die zu Parkinson führen.

Paula Neufeld und Lennart Stegemann, die in der Abteilung Cytologie der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum (RUB) promovieren, haben in den Nervenzellen des Magen-Darm-Trakts erstmals Progesteronrezeptoren nachgewiesen und gezeigt, dass Progesteron die Zellen schützt. Ihre Entdeckung eröffnet Perspektiven für die Entwicklung von neuartigen neuroprotektiven Therapieansätzen, um Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer entgegenzuwirken.

Enterisches und zentrales Nervensystem kommunizieren miteinander

Das Enterische Nervensystem (ENS) ist ein komplexes Netzwerk, das sich entlang des gesamten Magen-Darm-Trakts erstreckt. Es besteht aus etwa 100 Millionen Nervenzellen, steuert autonom Verdauungsprozesse und wird oft als zweites Gehirn des Menschen bezeichnet. Doch seine Funktion geht weit über die Verdauung hinaus: Neueste Forschungen haben gezeigt, dass das ENS intensiv mit dem zentralen Nervensystem (ZNS), also Gehirn und Rückenmark, kommuniziert.

„Die Verbindung des ENS mit dem ZNS wird aktuell mit der Entstehung verschiedener neurologischer Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Alzheimer, aber auch Depressionen assoziiert“, erklärt Prof. Dr. Carsten Theiß, Leiter der Abteilung Cytologie der Ruhr-Universität. Die Darm-Hirn-Achse ist dabei keine Einbahnstraße; beide Nervensysteme beeinflussen sich wechselseitig.

Nahrung hat einen direkten Einfluss auf das Mikrobiom im Darm, welches wiederum in Wechselwirkung mit dem ENS steht. Studien zeigen: Die Zusammensetzung des Mikrobioms kann über die Darm-Hirn-Achse, insbesondere über den Vagusnerv, auch Einfluss auf das ZNS nehmen, und Erkrankungen wie Morbus Parkinson begünstigen. Eine ausgewogene Ernährung kann somit nicht nur zum Erhalt der Nervenzellen im Darm beitragen, sondern vermutlich ebenfalls eine Parkinson-Erkrankung um Jahre hinauszögern oder gar verhindern.

Nachweis eines schützenden Einflusses

Den Promovierenden Paula Neufeld und Lennart Stegemann ist es nun gelungen, einen schützenden Einfluss des natürlichen Steroidhormons Progesteron auf die Nervenzellen des ENS nachzuweisen. In einer Reihe von Experimenten kultivierten die beiden über mehrere Wochen hinweg Nervenzellen aus dem ENS und behandelten sie mit einem Zellgift, um schädliche Bedingungen zu simulieren, die einer Parkinsonerkrankung ähneln.

Dabei stellten sie fest, dass die Nervenzellen, die zusätzlich mit Progesteron behandelt wurden, deutlich seltener abstarben als die unbehandelten Zellen.

Paula Neufeld betont die Bedeutung ihrer Entdeckung: „Unsere Forschung liefert wichtige Erkenntnisse zur Vervollständigung des Grundlagenwissens über die Rolle der Progesteronrezeptoren im Enterischen Nervensystem. Das eröffnet völlig neue Wege für die Untersuchung der neuroprotektiven Wirkmechanismen von Progesteron in- und außerhalb des Darmtrakts.“

Lennart Stegemann ergänzt, dass „diese Studie möglicherweise den Weg für neue steroidhormonbasierte Therapieansätze ebnen könnte. Es besteht zudem die Hoffnung, dass steroidbasierte Therapieansätze dazu beitragen könnten, neurodegenerative Erkrankungen zu verlangsamen oder sogar zu stoppen“.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum (RUB)


Originalpublikation: Carsten Theiss et al.; Progesterone: A neuroprotective steroid of the intestine; Cells, 2023; DOI: 10.3390/cells12081206

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