In der Studie werden dazu auf der einen Seite Probleme in der bestehenden Regelungspraxis in Deutschland beschrieben, auf der anderen Seite Erfahrungen anderer europäischer Länder skizziert. Die Analyse zeigt: Ein finanziell und sozial abgesicherter Rechtsanspruch könnte dazu beitragen, dass die Nutzungsquote für Sabbaticals in Deutschland erhöht würde.
Dafür sind jedoch flankierende institutionelle Verbesserungen gefragt, um das Sabbatical in der betrieblichen Praxis zu verankern, auch Geringverdienern die Teilnahme zu ermöglichen und eine ungleiche Nutzung von Sabbaticals durch Männer und Frauen zu vermeiden. Sabbaticals ermöglichen individuell gesteuerte Auszeiten für berufliche und außerberufliche Interessen der Beschäftigten wie Weiterbildung, berufliche Umorientierung, Kinderbetreuung, Pflege, Erholung oder Freizeit.
Derzeit können solche Auszeiten in Deutschland nur durch individuelle Anspar- und Finanzierungsmodelle realisiert werden, die mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren sind. Ein Rechtsanspruch auf ein Sabbatical besteht nicht: Die Beschäftigten sind vom betrieblichen Angebot und entsprechenden Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber abhängig.
Sabbatical stoßen auf Vorbehalte
In der WZB-Studie wurden Befunde aus Deutschland, Belgien, Schweden und Dänemark untersucht. Gute Erfahrungen gibt es in Belgien, wo schon 1985 ein gesetzlicher Anspruch eingeführt wurde; dort wird das Sabbatical jährlich von rund 3 Prozent der Beschäftigten genutzt. Die Befunde zeigen: Es gibt erhebliche soziale Ungleichheiten bei der Nutzung von Sabbatical-Angeboten. Dort, wo Sabbatical-Optionen bestehen, können sie von Beschäftigten mit niedrigen Einkommen und in untypischen Arbeitsverhältnissen seltener genutzt werden, wenn die Sabbaticals finanziell kaum abgesichert sind.
Das Sabbatical wird besonders häufig zur Kinderbetreuung vor allem von Frauen in der mittleren Lebensphase genutzt. In der betrieblichen Praxis stoßen Sabbaticals oft auf Vorbehalte von Personalverantwortlichen, aber auch von Beschäftigten. Viele Vorgesetzte befürchten Probleme bei der Arbeitsorganisation. Freistellungsphasen werden oft nicht unterstützt.
Sabbaticals von mehr als einem Jahr führen häufig zu Einkommens- oder Karrierenachteilen bei der Rückkehr in den Betrieb, vor allem bei Männern, wie das Beispiel Belgien zeigt. Bei einem gesetzlich abgesicherten Sabbatical wäre es daher wichtig, Sabbatjahre stärker in der betrieblichen Praxis zu verankern, die Rückkehr auf den alten Arbeitsplatz zu regeln und Vereinbarungen zur praktischen Umsetzung von Sabbaticals zu erarbeiten.
Geschlechterunterschiede bei der Nutzung des Sabbaticals
Durch flankierende tarifliche und betriebliche Vereinbarungen könnte die Inanspruchnahme von Sabbaticals an Verbindlichkeit gewinnen. Auch die Bundesagentur für Arbeit kann einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie passende Beratungsangebote für Betriebe und Beschäftigte anbietet. Wenn eine Freistellung im Betrieb zu Engpässen führt, könnte die Agentur Arbeitslose mit passenden Qualifikationen als vorübergehenden Ersatz vermitteln.
Für diese könnte damit eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt entstehen. Wichtig wären auch Kombinationsmöglichkeiten mit den bestehenden betrieblichen Ansparmodellen, um deren Attraktivität zu erhöhen. Außerdem müsste es Frauen erleichtert werden, eine Auszeit zu nehmen. Ein denkbarer Weg, um Geschlechterunterschiede bei der Nutzung des Sabbaticals zu verringern, wäre die „Entlastung“ des Sabbaticals von Kinderbetreuungsaufgaben im Rahmen alternativer Vereinbarkeitsinstrumente.
Sofern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit einer guten Kinderbetreuungsinfrastruktur, einer niedrigeren Arbeitszeitnorm („kleine Vollzeit“), Teilzeitoptionen mit Rückkehrmöglichkeit und einer stärkeren Beteiligung der Männer gewährleistet ist, sinkt für Frauen die Notwendigkeit, das Sabbatical vorrangig für Vereinbarkeitszwecke zu nutzen.
Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH