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Studie hilft bei Entwicklung von Antibiotika

Die Untersuchungsobjekte von Leisch und seinen Kollegen sind lebenswichtig für ihren Wirt, da sie sich selbst und ihren Wirt ernähren. © Nikolaus Leisch

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Zellteilung: Studie hilft bei Entwicklung von Antibiotika

Forscher Nikolaus Leisch vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, hat zusammen mit Kollegen aus Wien und Amsterdam eine Studie an Fadenwürmern durchgeführt, die zeigt wie Bakterienzellen sich teilen. Das Ergebnis: Die Zellteilung funktioniert nicht immer gleich. Mit ihren Erkenntnissen bringen die Wissenschaftler die Entwicklung neuer Antibiotika voran.

Obwohl die Vielfalt der Mikroorganismen und ihre Dominanz in allen Ökosystemen lange bekannt ist, bleibt unser Wissen in vielen Bereichen der Mikrobiologie bis heute sehr begrenzt. Ein Beispiel dafür ist die Zellteilung. Sie ist die Fortpflanzung der Bakterien, aus einer Zelle werden zwei. Ein Protein namens FtsZ spielt dabei eine Schlüsselrolle : Wie ein Gummiband legen sich FtsZ-Moleküle ringförmig um die Zelle und scheinen sie regelrecht abzuschnüren. Damit leitet das FtsZ nach aktuellem Wissensstand die Zellteilung ein. Doch das funktioniert nicht immer so, wie die nun vorliegende Studie zeigt.

Symbiose mit Bakterien

„Fast alle bisherigen Forschungen zum Thema wurden an einer Handvoll Modellorganismen durchgeführt, die sich im Labor kultivieren lassen“, erklärt Erstautor Niko Leisch vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. Vieles bleibt dadurch jedoch unentdeckt. Leisch, gemeinsam mit Studienleiterin Silvia Bulgheresi von der Universität Wien und Tanneke den Blaauwen von der Universität Amsterdam, nutzte daher Organismen, die nicht im Labor wachsen.

Sie untersuchten Bakterien, die als Symbionten auf der Oberfläche eines kleinen Fadenwurms leben. Dieser Wurm lebt in Symbiose mit nur einer einzigen Art von Bakterien, welche einen dichten, geordneten „Mantel“ auf der Oberfläche des Wurms bilden. „Daher können wir auf diesen Würmern natürliche Populationen in Reinkultur untersuchen“, erklärt Leisch die Vorzüge dieses „Tricks“.

Die nun untersuchten Bakterien teilen sich der Länge nach, was für stäbchenförmige Bakterien schon sehr ungewöhnlich ist . Doch darüber hinaus fanden die Forscher, dass die Bakterien sich asymmetrisch teilen. Die Zellteilung beginnt an jenem Ende der Zelle, das den Wurm berührt. Erst später folgt der Zellpol, der der Umwelt zugewandt ist.

Fragen über Fragen

„In den Lehrbüchern der Mikrobiologie steht, dass Zellen vor der Teilung einen Ring aus FtsZ bilden“, fährt Leisch fort. „Doch trotz hochauflösender mikroskopischer Verfahren mit speziellen Farbstoffen konnten wir keinen Ring finden.“ FtsZ war vorhanden aber die Proteine bildeten nur vereinzelte Anhäufungen entlang der Längsachse der Zellen.

„Da sie keinen Ring bilden, müssen diese FtsZ-Punkte einzeln eine Kraft ausüben, um die Zelle zu teilen. Das wurde bisher noch nie beobachtet und wirft natürlich viele weitere Fragen auf. Wie wird beispielsweise die nötige Kraft erzeugt, um die Zellen abzuschnüren?“ Warum das alles wichtig ist? „Der Großteil dessen, was wir heute über Bakterien und ihr Wachstum und ihre Vermehrung wissen, schulden wir der Arbeit an kultivierbaren Modellorganismen“, so Leisch.

„Aber gerade Arbeiten an Bakterien aus der Umwelt haben in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass die Maschinerie, die hinter der Zellteilung steht, um einiges flexibler und komplexer ist als bisher angenommen. Ein besseres Verständnis des Wachstums und der Teilung von Bakterien ist ein wichtiger Schlüssel zur Entwicklung von möglichen neuen Antibiotika.“

Mehr Studien an Mikroorganismen

Die Forscher vermuten, dass der Wurm, auf dem sie leben, den Bakterien das Signal zur Zellteilung gibt. Er scheint seine Symbionten sehr gut unter Kontrolle zu haben. So schafft er es zum Beispiel, dass die Bakterien dicht an dicht auf seiner ganzen Oberfläche wachsen – außer am Kopf und am Schwanzende. „Wie er das macht, wissen wir noch nicht“, so Leisch.

„Antibiotikaresistenzen sind heute ein großes Problem. Bei der Entwicklung neuer Antibiotika ist es wichtig, Bakterien am Wachstum zu hindern. Der Wurm kann das scheinbar. Wenn wir herausfinden, wie er das macht und wie die Zellteilung der Bakterien gesteuert wird, kann das bei der Entwicklung zukünftiger Antibiotika helfen.“

Wahrscheinlich ist die ungewöhnliche Zellteilung der Bakterien eine Anpassung an ihre symbiotische Lebensweise, schreiben Leisch und seine Kollegen. Um die dahinterliegenden Prozesse und deren Bedeutung besser zu verstehen, müssen mehr Studien an solchen nicht-kultivierbaren Mikroorganismen durchgeführt werden.

Quelle: Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie


Originalpublikation: Nikolaus Leisch et al.; Asynchronous division by non-ring FtsZ in the gammaproteobacterial symbiont of Robbea hypermnestra; Nature Microbiology, 2016; DOI: 10.1038/nmicrobiol.2016.182

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