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Warum das Abnehmen im Alter schwer fällt

Für ihre Forschung isolierten die Forscher aus Makrophagen im Bauchfett sämtliche aktiven Gene, das so genannte Transkriptom. © moodboard / Thinkstock

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Fettabbau: Warum das Abnehmen im Alter schwer fällt

Alte Menschen haben in der Regel mehr Fett „auf den Hüften“, selbst wenn sie nicht übergewichtig sind. Grund ist, dass bei ihnen der Fettabbau in der Bauchgegend gestört ist: Wenn ihr Körper Energie benötigt, werden die dort befindlichen Fettspeicher nur sehr unzureichend angezapft. Warum das so ist, war bislang unbekannt. Wissenschaftler der Universität Yale sind dieser Frage jedoch nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Bonn einen wichtigen Schritt näher gekommen.

Als Auslöser hatte die Gruppe aus Yale einen bestimmten Zelltyp im Bauchfett von Mäusen in Verdacht, eine neue Art von Makrophagen. Makrophagen sind weiße Blutkörperchen, die unter anderem bei der Vernichtung von Krankheitserregern eine wichtige Rolle spielen. Die US-Forscher hatten entdeckt, dass auch im Fettgewebe derartige Makrophagen sitzen, und zwar stets in der Nähe von Nervenzellen.

Wenn Mäuse Hunger leiden, produzieren diese Nervenzellen Botenstoffe, die die Fettverbrennung stimulieren. Die Wissenschaftler vermuteten, dass die Makrophagen in diesen Kommunikationsweg eingreifen. Wie genau, wussten sie jedoch nicht. Um diese Frage zu beantworten, isolierten sie aus den Makrophagen im Bauchfett sämtliche aktiven Gene, das so genannte Transkriptom. Diesen Schritt führten sie sowohl bei jungen als auch bei alten Tieren durch, die sie zuvor auf Diät gesetzt hatten.

Aufwändige Analyse

Prof. Dr. Joachim Schultze © Volker Lannert / Uni BonnProf. Dr. Joachim Schultze vom LIMES-Institut der Universität Bonn untersuchte, warum es im Alter zu einem gestörten Bauchfettabbau kommt. © Volker Lannert / Uni Bonn

Die Transkriptoms-Daten schickten sie dann ans Life & Medical Sciences Institut (LIMES) der Universität Bonn. „Wir haben diese Daten analysiert“, erklärt Prof. Dr. Joachim Schultze vom LIMES-Institut. „Wir konnten so herausfinden, welche Gene sich hinsichtlich ihrer Aktivität in den alten und jungen Tieren unterscheiden. Darunter mussten auch die Erbanlagen sein, die für den verlangsamten Fettstoffwechsel im Alter verantwortlich sind“.

Eine derartige Analyse ist sehr aufwändig, da die Aktivitätsunterschiede äußerst klein sein können. Zudem liefert ein Transkriptom-Vergleich in der Regel zahllose Kandidatengene, die weiter untersucht werden müssen. „Aufgrund unserer immunologischen Expertise konnten wir die Zahl jedoch erheblich eingrenzen“, erklärt der Wissenschaftler der Universität Bonn.

Mit diesem Wissen konnten die US-Forscher zeigen, auf welche Weise die Makrophagen in den Fettstoffwechsel eingreifen: Bei Hunger schütten die Nervenzellen im Bauchfett den Neurotransmitter Noradrenalin aus und kurbeln so den Fettabbau an. Im Alter schalten jedoch die Makrophagen permanent in eine Art Entzündungsmodus um. Dadurch produzieren sie unter anderem vermehrt ein Enzym namens MAOA. Es zerstört wiederum das Noradrenalin – die Mäuse können das gespeicherte Fett nicht mehr abbauen.

Analoger Mechanismus

Bislang gelten diese Ergebnisse nur für Mäuse. Die Forscher vermuten aber, dass es beim Menschen einen analogen Mechanismus gibt – eine These, der sie momentan nachgehen. Falls sie stimmt, eröffnen sich auch neue therapeutische Optionen: Interessanterweise wird MAOA nämlich durch manche Antidepressiva gehemmt.

„Theoretisch könnte man diese Medikamente einsetzen, um den Stoffwechsel in älteren Menschen zu verbessern“, erläutert Prof. Dr. Vishwa Deep Dixit von der Yale Universität. Prof. Dr. Joachim Schultze ist Mitglied des Exzellenzclusters ImmunoSensation der Universität Bonn. Das Cluster untersucht die Funktionsweise des angeborenen Immunsystems. Makrophagen sind ein wichtiger Bestandteil dieses evolutiv gesehen sehr alten Abwehr-Systems.

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn


Publikation: Vishwa Deep Dixit et al.; Inflammasome-driven catecholamine catabolism in macrophages blunts lipolysis during ageing; Nature, 2017; DOI: 10.1038/nature24022

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