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Pflanzliches „Schmerzmittel“ und seine Risiken

Der BfArM-Sachverständigenausschuss vertagt seit 2010 die Entscheidung darüber, ob Kratom den Betäubungsmitteln zugeordnet werden soll. © Yanawut / iStock / Getty Images Plus

Mit Vorsicht genießen: Pflanzliches „Schmerzmittel“ und seine Risiken

Kratom ist ein in Südostasien verbreitetes Naturheilmittel zur Schmerzbehandlung. Es verfügt über opioidähnliche Substanzen und wirkt schmerzlindernd und sedierend.

Der Kratombaum, auch Mitragyna speciosa, Herbal Speed oder Herbal Speedball genannt, kommt in Malaysia, Indonesien, Thailand und Papua-Neuguinea vor, wo die Blätter als Schmerzmittel eingesetzt werden. Man verwendet das pulverisierte Blattpulver der asiatischen Pflanze, das auch in Kapselform vorliegen kann – die Produkte werden hauptsächlich im Internet angeboten. Das Pulver verfügt über verschiedene Pflanzenalkaloide in sehr unterschiedlichen Konzentrationen, aufgrund mangelnder Standardisierungen ist der Effekt jedoch nicht kontrollierbar.

In Ostasien nutzt man die Blätter des Kratombaums als Therapeutikum gegen Fieber, Schmerzen und Durchfall sowie als Aphrodisiakum. Im Internet wird die Pflanze auch als Mittel gegen Depressionen, Schlafstörungen sowie als Unterstützung bei Opiatentzug angepriesen. Die Einnahme soll laut Angaben der Hersteller euphorisierend wirken. Der Effekt tritt in einigen Fällen bereits nach fünf bis 15 Minuten ein, es kann allerdings auch 45 Minuten bis zur Wirkung dauern. Diese bleibt je nach konsumierter Menge zwischen zwei und sechs Stunden bestehen.

Auch in Deutschland wird Kratom als Nahrungsergänzungsmittel gehandelt, allerdings bewerten Verbraucherschützer die Anwendung als bedenklich, da sie zu schwerwiegenden Nebenwirkungen und Suchtproblemen führt. In den USA hat es nach dem Konsum bereits Todesfälle gegeben.

Kratom-Konsumenten weisen häufig Entzugserscheinungen auf, obwohl das Mittel selbst gegen entsprechende Beschwerden helfen soll. Eine Überdosierung (> 15 Gramm) führt in der Regel zu Symptomen, die einer Opioid-Vergiftung ähneln. Schon bei der Aufnahme von geringen Mengen sind Leberschäden, Verstopfungen, Halluzinationen, Verwirrtheit und Krampfanfälle möglich. Das Risiko heftiger Nebenwirkungen bis hin zum Tode wird durch die gleichzeitige Einnahme von anderen Medikamenten sowie durch den Konsum von Alkohol und Koffein erhöht.

Laut einer Erhebung der US-Bundesbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) sind in der ersten Hälfte des Jahres 2018 357 Anrufe bei den Vergiftungszentralen registriert, zwanzigmal mehr als vor sieben Jahren. Zudem wurden 91 potenzielle Todesfälle aufgezeichnet. Der Sachverständigenausschuss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vertagt seit 2010 die Entscheidung darüber, ob Kratom den Betäubungsmitteln zugeordnet werden soll. In Dänemark, Großbritannien sowie in der Schweiz steht es bereits auf der Liste der zu kontrollierenden Substanzen.

Kein Medikament

Kratom ist kein Arzneimittel und als Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel liegt die Verantwortung dafür, dass die Gesundheit nicht geschädigt wird und die Aufmachung den Verbraucher nicht täuscht, beim Hersteller. Kratom würde nur aufgrund von Beschwerden der Konsumenten oder aufgrund anderer Auffälligkeiten von den Lebensmittelbehörden kontrolliert.

Wirkung nicht ausreichend belegt

Forscher aus Buenos Aires und Portugal haben die Pflanze auf ihr medizinisches Wirkspektrum untersucht und kamen zu dem Ergebnis, dass Mitragyna speciosa über entzündungshemmende, antinozizeptive und antidepressive Eigenschaften verfüge, allerdings mangelt es an einer ausreichenden wissenschaftlichen Evidenz.

Martina Görz


Quellen:

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