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Außenansicht Deutsches Röntgenmuseum in Remscheid-Lennep

Außenansicht Deutsches Röntgenmuseum in Remscheid-Lennep © Beatrix Polgar-Stüwe

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Besuch im Röntgen-Museum: Auf den Spuren des Entdeckers der Röntgenstrahlen – Teil 2

Conrad Röntgen machte im Jahr 1895 die bahnbrechende Entdeckung der Röntgenstrahlen und legte den Grundstein für die moderne Röntgentechnik. Unsere Autorin Beatrix Polgar-Stüwe begab sich auf Spurensuche im Deutschen Röntgen-Museum in Remscheid-Lennep, am Geburtsort von Wilhelm Conrad Röntgen.

Die bahnbrechende Entdeckung der Röntgenstrahlen geschah unbeabsichtigt und wohl zufällig. Bei einem Experiment wollte Conrad Röntgen die elektrische Leitfähigkeit von Gas nachweisen. Wie seine wissenschaftlichen Versuche abliefen, weiß heute keiner ganz genau. Denn Röntgen verfügte testamentarisch, dass alle seine Forschungsunterlagen nach seinem Tod verbrannt werden sollten.

Vermuteter Versuchsablauf bei der Entdeckung der Röntgenstrahlen

So oder so ähnlich kann die Entdeckung der Röntgenstrahlen vereinfacht dargestellt gewesen sein: In einem luftleeren Glaskolben ließ Röntgen starke elektrische Spannung generieren und von einer negativen Kathode zu einer positiven Anode rasen. Beim Auftreffen auf die Anode wurden die Elektronen gebremst. Es entwickelte sich viel Wärme und ein kleiner Teil der Energie wurde frei in Form von elektromagnetischer Strahlung. Die abgeleitete Strahlung durchdrang die Glasröhre. Eine dort liegende schwarze Pappe, die Röntgen mit einem fluoreszierenden Mittel bestrichen hatte, leuchtete plötzlich.

Andere glauben, Conrad Röntgen habe den Glaskolben mit einer schwarzen Pappe ummantelt. Wie dem auch sei: Als der Physiker die Hand dorthin hielt, drang auch durch die Pappe die von ihm erzeugte Strahlung. Er sah plötzlich im Schatten die Knochen seiner Hand. Mittels einer Fotoplatte machte er ein Bild. Das war der erste sichtbare Beweis, dass diese Strahlen – anderes als normales Licht - den Menschen durchleuchten können und sich als bildgebendes Verfahren eigenen.

Das Prinzip bis heute: Ohne Röntgenröhre kein Röntgen

Trotz modernster bildgebender Medizintechnik hat sich am grundlegenden Prinzip einer medizinischen Röntgenaufnahme bis heute nichts geändert: Eine Röntgenröhre besteht aus einer Glashülle mit Vakuum. Über eine Heizspirale treffen mit enormer Energie bewegte Elektronen auf ein Bremsmaterial, von einer negativ geladenen Kathode zu einer positiv geladenen metallischen Anode. Beim Abbremsen auf die Anode wird die Röntgenstrahlung erzeugt. Das Verhältnis liegt bei nur einem Prozent Röntgenstrahlung und 99 Prozent Wärmestrahlung. Die Strahlen werden durch ein Fenster, eine Strahlenaustrittsöffnung, ausgeleitet.

Eine Röntgenröhre aus einem Glaskolben mit Vakuum im Deutschen Röntgenmuseum fotografiert von Beatrix Polgar-Stüwe
Eine Röntgenröhre aus einem Glaskolben mit Vakuum im Deutschen Röntgenmuseum © Beatrix Polgar-Stüwe

Nur drei Monate nach der Entdeckung der Röntgenstrahlung durch Wilhelm Conrad Röntgen meldete Siemens & Halske ein Patent für eine Röntgenröhre an und stellte 1897 das erste komplette Röntgengerät vor. Entwicklung und Herstellung von Röntgenapparaten begannen weltweit bereits sehr früh nach der Entdeckung der Strahlen.

Segen der Technologie für die Menschheit

Mit Hilfe der neuen Röntgengeräte konnten Diagnosen erstellt werden, die zuvor nicht möglich waren. Der Einblick in den menschlichen Körper versprach ungeahnte Möglichkeiten bei der Heilung bisher nicht diagnostizierbarer Krankheiten. Die Technologie wurde auch bald im therapeutischen Bereich eingesetzt – zum Beispiel bei der Krebsbehandlung.

Eine große Auswahl von Röntgengeräten von den Anfängen bis heute sind im Deutschen Röntgen-Museum zu sehen, hier nur eine kleine Zusammenstellung:

Das Deutsche Röntgen-Museum in Remscheid-Lennep

Die Sammlungen des Deutschen Röntgen-Museums umfassen nach eigenen Angaben über 155 000 Objekte. Besuchende finden hier zahlreiche Sammlungsobjekte und viele wertvolle Originalexponate aufgebaut. Die Ausstellung ist interaktiv und bietet einmalige Einblicke in die Geschichte der Röntgentechnik. Besonders sehenswert ist auch die Genüberstellung von alten, sehr alten und modernen Geräten.

Das Deutsche Röntgen-Museum befindet sich nur wenige hundert Meter entfernt vom Geburtshaus des Physikers Wilhelm Conrad Röntgen in Remscheid-Lennep in einem baulich erweiterten bergischen Patrizierhaus. Das Museum hat Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Sonntags findet immer um 15 Uhr eine Führung statt. Das Museum bietet auch nach Absprache Sonderführungen und Veranstaltungen an, beispielsweise für angehende MT-Fachkräfte, Schulklassen und alle technikinteressierten Gruppen. Dann kann auch das „Röntgen-Labor“ für Experimente mit neuen Lernformaten genutzt werden.

Mister X: Das Leben und Wirken von Konrad Wilhelm Röntgen

Während der sogenannten „Sonntagsvisite“ in Remscheid-Lennep ließ Museumsführer Nico Landau, studierter Maschinenbauer, das Leben von Conrad Röntgen (1845-1923) spannend Revue passieren.

Am 27. März 2024 wäre Wilhelm Conrad Röntgen 179 Jahre alt geworden. Er wurde als einziger Sohn eines gutsituierten deutschen Stoffhändlers und seiner niederländischen Frau im heutigen Remscheid-Lennep geboren. Bereits im Alter von drei Jahren wanderte er mit seinen Eltern nach Appeldorn in den Niederlanden aus. Die Vorboten der Märzrevolution 1848 und die damit verbundenen Unruhen, vielleicht auch der beginnende Niedergang der handwerklichen Textilherstellung, waren der Grund für die Emigration der Eltern.

Aus dem Leben von Conrad Röntgen

Der junge Röntgen besuchte eine technische Schule in Utrecht, die er aber im Alter von 19 Jahren kurz vor dem Abschluss verlassen musste, vermutlich wegen eines Schulverweises.

Obwohl er kein Abitur hatte, wurde er im Jahr 1865 am Polytechnikum der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH) zum Studium des Maschinenbaus zugelassen. In Rekordzeit schloss er 1868 als diplomierter Ingenieur sein Studium ab.

Direkt im Anschluss begann er an der Universität Zürich ein Physikstudium, das er bereits ein Jahr später mit dem Doktorgrad und seiner Dissertation „Studien über Gase“ abschloss. Im März heirate er die aus Zürich stammende Anna Bertha Ludwig. Das Paar blieb kinderlos. Die Eheleute adoptierten Josephina Bertha Ludwig, die Nichte Berthas, im Alter von sechs Jahren.

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Die Familie Röntgen 1897, Deutsches Röntgenmuseum © Beatrix Polgar-Stüwe

Auf dem Gipfel der wissenschaftlichen Karriere

Es folgten wissenschaftliche Stationen u.a. an den Universitäten von Straßburg und Würzburg. Röntgen habilitierte in Straßburg. Danach übernahm er in Gießen eine Physikprofessur und erhielt den Ruf als Ordinarius an der Universität Würzburg, eben an der Hochschule, die ihn zur Habilitation wegen des fehlenden Abiturs nicht zulassen wollte. Später wurde er zum Rektor der Hochschule gewählt.

Im Jahr 1896 stellte Conrad Röntgen in einer Sondersitzung der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft in Würzburg seine Entdeckung vor und veröffentlichte seine Abhandlung „Eine neue Art von Strahlen". Während des Vortrages fertigte Röntgen eine Handaufnahme des Anatomen und Geheimrates Professor Albert von Kölliker an. Das begeisterte Fachpublikum schlug vor, diese neuen Strahlen Röntgenstrahlen zu nennen.

Im Jahr 1900 ging Röntgen als Professor an die Universität München (LMU). Im folgenden Jahr erhielt er den Nobelpreis für Physik. Im Jahr 1920 beendete er seine wissenschaftliche Karriere in München. Conrad Röntgen starb im Alter von 77 Jahren an einer Darmkrebserkrankung.

Frage an die Forschung in der Medizingeschichte

Ob der erkrankte Röntgen seinen Kollegen Professor Herrmann Rieder an der eigenen Universität konsultierte, der in München die Röntgen-Magen-Darm-Diagnostik mit Kontrastmittel etablierte? Hätte dem Erkrankten mit einer radiologischen Darm-Untersuchung und Operation geholfen werden können? Darüber ist nichts öffentlich bekannt, und es bleibt eine Frage an die Medizingeschichtsforschung.

Conrad Röntgen wurde 1923 – also vor über 100 Jahren – in seiner Familiengrabstätte neben seiner Frau in Gießen beerdigt.

Beatrix Polgar-Stüwe

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