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Symbolbild Kleinhirnfunktionen.

Ein lichtaktivierbares Protein eröffnet neue Möglichkeiten zur Untersuchung verschiedener Arten von Kleinhirn-assoziierten Krankheiten. © Dilok Klaisataporn / iStock / Getty Images Plus

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Optogenetik: Lichtaktivierbares Protein ermöglicht Beobachtung von Kleinhirn-Prozessen

An verschiedenen Erkrankungen, die das motorische Lernen betreffen, sind Prozesse im Kleinhirn beteiligt. Diese besser zu untersuchen, hilft ein neues Werkzeug, das eine Bochumer Arbeitsgruppe entwickelt hat: ein lichtaktivierbares Protein, das mit einem Teil eines erregenden Rezeptors gekoppelt ist. Durch Licht lässt sich dank dieses optogenetischen Werkzeugs ein Signalweg in den Nervenzellen des Kleinhirns aktivieren und seine Auswirkungen beobachten.

Eine der faszinierendsten Eigenschaften des menschlichen Gehirns ist seine Fähigkeit zur Plastizität. Damit ist gemeint, dass das Gehirn seine Aktivität an externe und interne Gegebenheiten anpasst. Die Funktion von neuronalen Schaltkreisen sowie Verhalten, Gedanken oder Gefühle können sich dadurch verändern.

Neuronale Plastizität kann zum Beispiel durch Entwicklungs- oder krankheitsbedingte Veränderungen des Hormonhaushaltes hervorgerufen werden, aber auch durch Medikamente oder genetische Veränderungen. Um den Einfluss einzelner Gruppen von Nervenzellen oder Rezeptoren darauf zu untersuchen, setzen Forschende optogenetische Methoden ein. Dabei werden lichtaktivierbare Proteine verwendet, um gezielt neuronale Signale zu visualisieren oder Zellfunktionen durch Licht zu steuern.

Für die neuronale Plastizität des Kleinhirns spielt der sogenannte metabotrope Glutamatrezeptor des Typ 1 – kurz mGluR1 – eine wichtige Rolle. Seine Aktivierung führt dazu, dass sich bestimmte Schnittstellen zwischen Nervenzellen, die sogenannten Synapsen, verändern.

Aktivierung eines Signalwegs durch Licht

„Um die Plastizität im Kleinhirn zu untersuchen und zu modulieren, haben wir zusammen ein optogenetisches Werkzeug entwickelt, mit dem wir durch Licht die mGluR1-Signalkaskade ansteuern können“, berichten Ida Siveke und Tatjana Surdin. Dieses Werkzeug namens OPN4-mGluR1 besteht aus einem lichtempfindlichen Protein, dem Melanopsin oder auch OPN4, das mit einem Teil des mGluR1-Rezeptors gekoppelt ist und in verschiedene Zellen eingebracht und dort hergestellt werden kann.

„Damit konnten wir den Signalweg genauso aktivieren, wie es auf natürliche Weise geschieht. Aber jetzt durch Licht“, erklärt Tatjana Surdin. Die Folgen der Aktivierung sind eine Erhöhung der Kalziumkonzentration in den Nervenzellen und eine Zunahme der Aktivität in bestimmten Zellen des Kleinhirns, den sogenannten Purkinjezellen. Durch die Aktivierung des Signalwegs wurde die Funktion einer spezifischen Synapse, der Parallelfaser-Purkinjezell-Synapse, für längere Zeit heruntergeregelt. Auch konnte durch Lichtaktivierung vom Kleinhirn gesteuertes motorisches Lernen verbessert werden.

„Somit eröffnet unser Werkzeug OPN4-mGluR1 neue Möglichkeiten zur Untersuchung verschiedener Arten von Kleinhirn-assoziierten Krankheiten, wie spinozerebellären Ataxien, denen eine Dysfunktion der mGluR1-Signalübertragung und der neuronalen Plastizität zu Grunde liegen“, so Ida Siveke.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum (RUB)


Originalpublikation: Tatjana Surdin et al.; Optogenetic activation of mGluR1 signaling in the cerebellum induces synaptic plasticity; iScience, 2023; DOI: 10.1016/j.isci.2022.105828

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