Seit langem wird diskutiert wie Mikroschwimmer, Spermien oder kleine Lebewesen etwa Bakterien, navigieren. Diese grundlegende Frage bewegt sowohl Forscher, die biologische Mikroschwimmer verstehen wollen oder Ingenieure, die synthetische Mikroroboter entwerfen. Der Spermienschwanz übernimmt mehrere Aufgaben: Er dient als Propeller, der das Spermium antreibt; als Antenne, die Sinnesreize aus der Umgebung aufnimmt und verarbeitet; und schließlich dient der Schwanz auch als Ruder, mit dem Spermien ihre Schwimmbahn korrigieren.
Spermien schwimmen vorwärts in dem sie mit dem Schwanz „wackeln“. Wenn die Schlagbewegung wie eine Welle entlang des Schwanzes läuft, wird die Flüssigkeit nach hinten und die Spermien nach vorne gestoßen. Für die Navigation schlägt der Schwanz mehr nach einer Seite, wie das Ruder eines Bootes. Deshalb schwimmen Spermien auf gekrümmten Bahnen.
Spiel mit „Noten“
Die neuen Forschungsergebnisse zeigen, dass Spermien einen ungewöhnlichen Trick verwenden, um einen asymmetrischen Schlag zu erzeugen. Nicht nur eine, sondern zwei Wellen wandern entlang des Schwanzes: eine mit der Grundfrequenz und die andere mit der doppelten Frequenz. Musikalisch ausgedrückt: Spermien spielen mit „Noten“ unterschiedlicher Oktaven.
Wenn sich diese beiden Wellen überlagern ändert sich die Auslenkung der Welle mit der Zeit. Deshalb wellt sich der Schwanz mehr zu einer Seite. Die zeitliche Änderung der Wellen steuert die Schwanzbewegung zum Navigieren. Es gibt aber einen gewichtigen Unterschied zu einem Schiffsruder: die Symmetrie wird nicht räumlich gebrochen, wie beim Ruder, sondern zeitlich.
Schließlich konnten die Forscher zeigen, dass Progesteron, ein weibliches Sexhormon, die beiden Wellen oder „Noten“ aufeinander abstimmt und so die Schwimmbahn ändert. Spermien, wie gut gestimmte Instrumente spielen Akkorde, die durch chemische oder andere Signale entlang der Schwimmbahn orchestriert werden.
Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft
Originalpublikation: Jens Elgeti et al.; Human sperm steer with second harmonics of the flagellar beat; Nat. Commun., 2017; DOI: 10.1038/s41467-017-01462-y