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Behandlung mit Kreislaufsimulator verbessern

Die metallfreie Konstruktion des Kreislaufsimulators ermöglicht auch MRT-Untersuchungen. © Johannes Gehron

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Herz-Lungen-Maschine: Behandlung mit Kreislaufsimulator verbessern

Akute und lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind auch heute noch eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Reichen bei der Erstversorgung eines Kreislaufversagens konservative Maßnahmen wie Medikamente und Wiederbelebung nicht aus, so stehen in Zentren der Maximalversorgung mobile Herz-Lungen-Maschinen zur künstlichen Kreislaufwiederherstellung zur Verfügung.

Wenn sich das Herz nach der Behandlung wieder erholt, tritt aber die Maschine in Konkurrenz zum eigenen Kreislauf, was die Heilung erschwert. Erstmals wurde jetzt an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ein Silikon-Kreislaufsimulator präsentiert, der es ermöglicht, die genauen Zusammenhänge zu untersuchen und letztendlich die Versorgung schwerstkranker Patienten zu verbessern.

Ähnlich wie bei einer Herzkatheter-Untersuchung wird beim akuten Herzversagen der Kreislauf der Patienten über die großen Blutgefäße der Leistengegend durch Schläuche mit der Herz-Lungen-Maschine verbunden, die mit einer Blutpumpe als Herzersatz und einem Oxygenator als Lungenersatz die Kreislaufarbeit übernimmt.

Das erkrankte Herz-Kreislauf-System kann sich dann innerhalb der nächsten Tage erholen, da die Arbeit komplett vom externen künstlichen Kreislauf übernommen wird. Dieser hat aber durch die Verbindung über die großen Leistengefäße eine Strömungsrichtung, die der natürlichen Strömungsrichtung des menschlichen Kreislaufs sogar entgegenwirkt.

Das erkrankte Herz muss für das entgegenströmende Blut Energie aufbringen, die es eigentlich zur Erholung benötigt. Durch die Vermischung beider Strömungen kann es außerdem zur Minderversorgung lebenswichtiger Organe wie des Gehirns kommen.

Gegeneinander gerichtete Strömungen

Die Richtung, Ausdehnung und Lokalisation dieser gegeneinander gerichteten und konkurrierenden Blutströmungen wurde bisher noch nicht systematisch untersucht. Dies gelingt nur mit einem Kreislaufsimulator, mit dem die gegeneinander gerichteten Strömungen ohne Auswirkung auf die Patienten künstlich simuliert und mit Ultraschallverfahren und Magnetresonanztomographie (MRT) qualitativ und quantitativ überprüft werden können.

Schon lange bestehende Simulatoren zur Testung von Kunstherzen aus starren Blutbehältern imitieren zwar den Kreislauf, sind aber nicht wie das menschliche Gefäßsystem konstruiert und scheiden deswegen zur Darstellung der aufeinandertreffenden Strömungen aus. Die Gießener Wissenschaftler um den Biomediziner und Kardiotechniker Johannes Gehron und den Assistenzarzt Dr. Philippe Grieshaber konstruierten deswegen mit einem aus Computertomographiedaten gewonnenen Silikonmodell der großen arteriellen und venösen Körpergefäße einen Kreislaufsimulator, mit dem sie die Konkurrenz des internen und externen Kreislaufs eins zu ein darstellen können.

Das originalgetreue Modell in Erwachsenengröße ermöglicht die Simulation des akuten Herzversagens und dessen Therapie durch den Anschluss einer Herz-Lungen-Maschine an den künstlichen Leistengefäßen. An der Entwicklung des Simulators sind Wissenschaftler von JLU, Technischer Hochschule Mittelhessen (THM) und der Fachhochschule Dortmund sowie Kunstkreislaufspezialisten des Universitätsklinikums Gießen beteiligt.

Langfristig bessere Erholung

Durch den direkten Zugang zum offenen Gefäßsystem ohne umgebendes Gewebe werden Störungen bei den Ultraschalluntersuchungen ausgeschlossen. Eine Konstruktion ohne Metall ermöglicht außerdem MRT-Untersuchungen zur kompletten und ausführlichen Darstellung und Messung aller konkurrierenden Strömungen im gesamten Gefäßsystem.

Alle Daten werden zusätzlich mit einer numerischen Strömungssimulation überprüft, um wichtige Voraussagen zur Strömungsbildung und Vermischung treffen zu können. Die Kunstkreislaufspezialisten des UKGM möchten mit dem Modell die Entstehung der aufeinandertreffenden Blutströmungen besser verstehen und durch die Untersuchung der beeinflussenden Faktoren langfristig eine bessere Erholung des Herz-Kreislauf-Systems der Patienten ermöglichen und eine Minderversorgung wichtiger Organe vermeiden.

QuelleJustus-Liebig-Universität Gießen (JLU)

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