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Datenschutz - ein Fremdwort?

Die Mehrzahl der untersuchten Fitness-Apps sendet zahlreiche, auch sensible, Daten an die Anbieter. © jacoblund / iStock / Thinkstock

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Fitnesstracker und Apps: Datenschutz – ein Fremdwort?

Wearables und Fitness-Apps zeigen Mängel beim Datenschutz: Das ergibt eine Untersuchung des Marktwächter-Teams der Verbraucherzentrale NRW. Zwölf Wearables und 24 Fitness-Apps wurden näher untersucht. Die Mehrzahl der Apps sendet zahlreiche Informationen, wie Gesundheitsdaten, an die Anbieter. Nach Ansicht der Experten informiert kaum einer der geprüften Anbieter ausreichend über die genaue Verwendung dieser Daten.

Verbraucherschützer haben neun Anbieter wegen verschiedener Verstöße in Bezug auf den Datenschutz abgemahnt. Fitnessarmbänder und Smartwatches sowie Fitness-Apps zählen längst nicht bloß die Schritte ihrer Nutzer: Die Alltagsbegleiter sammeln Daten wie etwa den Puls und Kalorienverbrauch ihrer Träger oder wie lange und wie gut diese schlafen.

„Informationen wie diese lassen Rückschlüsse auf Fitness und Gesundheit von Verbrauchern zu", betont Ricarda Moll, Referentin der Verbraucherzentrale NRW im Projekt Marktwächter Digitale Welt. „Auch aus diesem Grund haben wir Wearables und Fitness-Apps nun mit einer Marktwächteruntersuchung eingehend geprüft", so Moll.

Welche Daten erheben die Geräte und Apps? An welche Server werden sie gesendet und wie sicher ist die Datenübertragung vor ungewolltem Zugriff? Wie gehen Anbieter mit geltenden Datenschutzbestimmungen um? Neben einer technischen und rechtlichen Prüfung haben die Marktwächterexperten Verbraucher nach ihren Datenschutzbedenken befragen lassen.

Sorge um die eigenen Daten

Das Ergebnis der repräsentativen Verbraucherbefragung zeigt: Die Mehrheit der Befragten ist besorgt, was den Umgang mit ihren online gesammelten Daten angeht. Es stört sie, keine Kontrolle über die persönlichen Informationen zu haben, die sie online preisgeben (78 %). Mögliche Folgen der Wearable-Nutzung werden unterschiedlich bewertet: Vergleichsweise viele Verbraucher fänden es akzeptabel, wenn Wearable-Daten etwa zur Überprüfung von Zeugenaussagen (61 %) oder im Rahmen von Arbeitgeber-Bonusprogrammen (44 %) verwendet würden.

Die Erhöhung des eigenen Krankenkassentarifs auf Basis von Fitness-Daten würde wiederum nur ein kleinerer Teil der Befragten akzeptieren (13 %). Die Ergebnisse der technischen Prüfung zeigen, eine Kontrolle über die eigenen Daten bei der Wearable- und Fitness-App-Nutzung ist für Verbraucher kaum möglich. Die Mehrzahl der untersuchten Apps sendet zahlreiche, mitunter sensible, Informationen wie Gesundheitsdaten an die Server von Anbietern und bindet darüber hinaus auch Drittanbieter wie beispielsweise Analyse- oder Werbedienste ein.

Technische Daten, wie etwa das Betriebssystem des Smartphones, werden bei 16 von 19 Apps bereits an Drittanbieter gesendet, bevor Verbraucher überhaupt den Nutzungsbedingungen zustimmen und über den Umgang mit ihren Daten informiert werden konnten. Positives Ergebnis der Untersuchung: Alle von den untersuchten Fitness-Apps ausgehenden Daten werden über eine sichere Verbindung (https-transportverschlüsselt) versendet. Aber: Nur wenige der untersuchten Wearables sind vor ungewollter Standortverfolgung (Tracking) geschützt, was das Erstellen von Bewegungsprofilen möglich macht.

Mangelhafter Umgang mit Nutzerdaten

Aufgrund ihrer rechtlichen Analyse kommen die Marktwächterexperten zu dem Schluss, dass die geprüften Anbieter Nutzer häufig darüber im Unklaren lassen, was mit den gesammelten Daten passiert: Drei Anbieter stellen ihre Datenschutzhinweise nur in englischer Sprache bereit und nur zwei informieren über die besondere Sensibilität der erhobenen Gesundheitsdaten.

Auch holt nur ein Anbieter eine separate Einwilligung für die Verarbeitung dieser sensiblen Gesundheitsdaten von den Nutzern ein. Ebenfalls kritisch: Sechs Anbieter räumen sich die Möglichkeit ein, Änderungen in den Datenschutzerklärungen jederzeit und ohne aktive Information des Nutzers vornehmen zu können. Fünf halten es sich sogar offen, die personenbezogenen Daten ihrer Nutzer bei Fusion oder Übernahme durch andere Unternehmen weiterzugeben. 

Wegen dieser und anderer aus Sicht der Verbraucherschützer rechtlicher Verstöße hat das Marktwächter-Team neun Anbieter abgemahnt. „Verbraucher sorgen sich um ihre online gesammelten Daten. Wir können jetzt sagen ‚zu Recht‘: Anbieter sammeln zahlreiche, zum Teil sensible, Daten und lassen Verbraucher über deren Verwendung häufig im Unklaren. Das wollen wir nicht hinnehmen", so Moll.

Transparenz schaffen

„Über die kaum überschaubare Zahl von Wearables und Fitness-Apps auf dem Markt sowie weitere sich entwickelnde digitale Angebote können äußerst sensible Gesundheitsdaten vom jeweiligen Nutzer preisgegeben und vom Anbieter erhoben werden. Umso kritischer sind die Ergebnisse der Marktwächteruntersuchung zu bewerten", sagt Kai Vogel, Leiter Team Gesundheit und Pflege beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Um bessere Entscheidungen bei der eigenen Nutzung von Wearables und Fitness-Apps treffen zu können, benötigen Verbraucher gesicherte Informationen über den konkret nachgewiesenen Nutzen von Apps und den Umgang mit ihren persönlichen Daten. „Abhilfe kann eine öffentliche, nationale Online-Plattform schaffen, die hochwertige Gesundheitsinformationen und unabhängige Bewertungen digitaler Produkte aufführt, um Verbraucher besser zu informieren", fordert Vogel. Die Sorge der Verbraucher beim Umgang mit erhobenen Fitnessdaten teilt auch der vzbv.

„Krankenversicherungstarife, die finanzielle Anreize mit der fortlaufenden, dauerhaften Offenlegungsverpflichtung von Daten verknüpfen, lehnt der vzbv kategorisch ab", sagt Vogel. Die Verbraucherschützer sehen ein hohes Risiko der Entsolidarisierung in diesem Bereich. „Nach aktuellem Prinzip finanzieren die Jungen und Gesunden die Alten und Kranken. Doch sobald eine Kasse genügend Daten besitzt, um jeweils das individuelle Risiko zu berechnen, wird dieses Grundprinzip aufgelöst. Wer krank oder schwach ist, darf dafür nicht bestraft werden", so Vogel.

Quelle: Verbraucherzentrale NRW


Weitere Informationen:

Die Verbraucherzentrale NRW hat folgende neun Anbieter wegen Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen abgemahnt: Apple, Garmin, Fitbit, Jawbone, Polar, Runtastic, Striiv, UnderArmour (MyFitnessPal), Withings.

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