Branche
on
Diabetische Organschäden mit körpereigenen Proteinen repariert

Experten untersuchten den Zusammenhang zwischen gestörter DNA-Reparatur und auftretender diabetischer Spätschäden. © ktsimage / iStock / Getty Images Plus

| | |

Laborversuche: Diabetische Organschäden mit körpereigenen Proteinen repariert

Schäden an Nieren und Lunge sind häufige Folgen der Zuckererkrankung Diabetes mellitus. Durch die Kontrolle des Blutzuckerspiegels lassen sie sich nicht verhindern, wohl aber durch eine gezielte Aktivierung der DNA-Reparatur, wie Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung nun im Tierversuch herausgefunden haben.

In der Arbeit zeigten sie erstmals, dass bei Mäusen mit Diabetes eine gestörte Reparatur von Schäden am Erbgut (DNA) unmittelbar für vorzeitige Gewebealterung, Vernarbung und schließlich Funktionsverlust der Organe verantwortlich ist. Setzten die Forscher die Reparaturmechanismen mit Hilfe eines bestimmten körpereigenen Proteins (nRAGE) wieder in Gang, stoppte der Prozess, die Organe erholten sich.

„Aus therapeutischer Sicht ist besonders interessant, dass sogar bereits vernarbtes Gewebe seine Funktionsfähigkeit zum Teil zurück gewann. Bisher hielt man diesen Prozess für unumkehrbar“, so Seniorautor Professor Dr. Peter Nawroth, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie Heidelberg.

„Diese Erkenntnis liefert uns erstmals einen vielversprechenden Ansatzpunkt, um diabetische Spätschäden zukünftig nicht nur zu stoppen, sondern möglicherweise auch heilen zu können.“

DNA-Reparaturmechanismen

Die Stoffwechselerkrankung Diabetes gibt Wissenschaftlern und Ärzten nach wie vor Rätsel auf: So ist bis heute nicht verstanden, welche Krankheitsmechanismen zu Spätschäden wie Nierenversagen, Erblindung oder Vernarbungen des Lungengewebes (Lungenfibrose) führen.

In der nun veröffentlichten Arbeit gelang es dem Team um Erstautor Dr. sc. hum. Varun Kumar, Universitätsklinik für Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie Heidelberg und Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, erstmals bei Mäusen mit Diabetes Typ I sowie Diabetes Typ II, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den gestörten, für Körperzellen aber essentiell wichtigen DNA-Reparaturmechanismen und den zunehmenden Gewebeschäden herzustellen.

In einer 2017 publizierten Arbeit hatten Kumar und Kollegen bereits entdeckt, dass das körpereigene Protein RAGE (Receptor of Advanced Glycation Endproducts) eine tragende Rolle bei der DNA-Reparatur spielt und auch die Ausheilung von Gewebeschäden fördert.

Funktionsfähigkeit zurückgewinnen

Nun untersuchten sie die Wirkung des Proteins bei Diabetes-Mäusen: Sie schleusten den genetischen Bauplan für RAGE mit Hilfe veränderter Viren in die Lungen und Nieren der Mäuse ein. „Diese Gentherapie brachte den Erfolg: Die DNA-Reparatur normalisierte sich und die Organe heilten“, so Kumar.

Wie das vernarbte Organgewebe allerdings seine Funktionsfähigkeit zurückgewinnt, ist noch unklar: „Wir vermuten, dass dabei möglicherweise einwandernde Stammzellen eine Rolle spielen“, so der Mediziner. „Unsere Ergebnisse werfen ein völlig neues Licht auf diabetische Spätschäden: Sie sind weniger eine Frage des gut oder schlecht eingestellten Blutzuckerspiegels, sondern als Syndrom einer gestörten DNA-Reparatur anzusehen“, erläutert Nawroth.

„Je nach angeborener Qualität und Leistungsfähigkeit dieser Reparaturmechanismen treten beispielsweise Nieren- oder Lungenschäden beim jeweiligen Patienten früher oder später auf. Wir müssen daher einen Weg finden, bei Diabetikern die geschädigten Organe auf dieser Ebene zu unterstützen.“

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg


Publikation: Stephan Herzig et al.; Compromised DNA repair is responsible for diabetes‐associated fibrosis; The EMBO Journal, 2020; DOI: 10.15252/embj.2019103477

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

DNA
Abbildung einer Fledermaus im Dunkeln.

Das könnte Sie auch interessieren

CAR-T-Zelle
SARS-CoV-2-Virus
Hepatitis-Virus und Leber