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Die rheumatische Erkrankung richtig behandeln

In Deutschland sind rund 550 000 Erwachsene von einer rheumatoiden Arthritis betroffen. © blyjak / iStock / Thinkstock

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Arthritis: Die rheumatische Erkrankung richtig behandeln

Eine frühzeitige und gezielte Therapie kann bei Menschen mit rheumatoider Arthritis (RA) die Zerstörung der Gelenke häufig verhindern. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zeigt in der neuen S2e-Leitlinie „Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten (DMARDs)“ auf, wie die Behandlung trotz knapper Ressourcen erfolgen muss.

In Deutschland sind rund 550 000 Erwachsene von einer rheumatoiden Arthritis betroffen. Sie ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung. Die chronische Gelenkentzündung verläuft in Schüben und kann bis zu Gelenkverformungen oder gar kompletten Gelenkzerstörungen führen.

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hatte zuletzt im Jahr 2012 eine Leitlinie zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis veröffentlicht. Schon damals forderte die DGRh, die Therapie innerhalb der ersten drei Monate nach dem Einsetzen der Beschwerden zu beginnen.

Die Patienten sollten dabei nicht nur entzündungshemmende Mittel wie Kortison erhalten, sondern auch sogenannte „Disease-modifying anti-rheumatic drugs“ (DMARDs), krankheitsmodifizierende Medikamente: Diese können den Krankheitsverlauf verlangsamen und eine Zerstörung der Gelenke verhindern.

An medikamentösen Alternativen fehlt es nicht

Das Ziel der Behandlung bleibt dabei das Erreichen einer Remission, also das völlige Verschwinden der Krankheitsaktivität oder, wenn das nicht möglich ist, zumindest die niedrigmöglichste Krankheitsaktivität. Das Prinzip „Treat-to-Target“, das für eine zielgenaue Behandlung mit DMARDs steht, hat sich seit den letzten Empfehlungen nicht flächendeckend durchgesetzt.

Nach aktuellen Zahlen weist ein Drittel der Patienten mit rheumatoider Arthritis nach zwei Jahren noch eine mäßige bis hohe Krankheitsaktivität auf, und jeder zweite dieser Patienten wird hochdosiert mit Kortison behandelt. „Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko auf Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose“, warnt der Experte.

An medikamentösen Alternativen zu Kortison fehlt es nicht. Zu den konventionellen synthetischen DMARD-Medikamenten wie Methotrexat (MTX) und den biologischen DMARD sind in den letzten Jahren zwei gezielte synthetische DMARDs mit den Wirkstoffen Baricitinib und Tofacitinib, hinzugekommen.

Wirksamkeit der Erstbehandlung frühzeitig kontrollieren

„Ein Grund für den seltenen Einsatz sind vermutlich die hohen Preise für diese Medikamente“, vermutet Professor Fiehn. Die neue S2e-Leitlinie berücksichtige diese Bedenken. Die Therapie solle mit Methotrexat beginnen. „Bei vielen Patienten gelingt es, die Krankheit allein mit MTX zu kontrollieren“, sagt Professor Fiehn.

Bei Patienten, die MTX nicht vertragen, könnten Ärzte zunächst günstige, synthetische DMARDs wie Leflunomid oder Sulfasalazin anwenden. Wichtig sei allerdings, dass die Wirksamkeit der Erstbehandlung frühzeitig kontrolliert wird. Die neue Leitlinie fordert daher einen ersten Kontrolltermin bereits nach sechs Wochen, statt wie bisher nach 12 Wochen.

„Nach sechs Wochen sollten die Verträglichkeit und die Adhärenz, also die Therapietreue des Patienten, und auch die Richtigkeit der Dosierung kontrolliert werden“, erläutert Professor Dr. med Hanns-Martin Lorenz, Präsident der DGRh und Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg.

Empfehlungen zur rheumatoiden Arthritis

Bei weiteren Kontrollen nach drei Monaten sollte dann eine messbare Verbesserung eingetreten und nach sechs Monaten das Therapieziel erreicht worden sein. Je nach Ansprechen und Prognosefaktoren könne der Arzt dann ein anderes DMARD verordnen, zwei konventionelle Präparate kombinieren oder aber eine Behandlung mit den biologischen oder gezielt synthetischen DMARD beginnen.

Ein wichtiges Ziel der Empfehlungen zur rheumatoiden Arthritis bleibt die frühzeitige Senkung der Kortison-Dosis, idealerweise bis zum kompletten Absetzen. Noch immer verordnen viele Ärzte ihren Patienten dauerhaft Kortison in einer niedrigen Dosis. Professor Fiehn warnt: „Es gibt keinen Beweis, dass Kortison in niedriger Dosierung ungefährlich ist oder bei einer optimierten DMARD-Therapie einen zusätzlichen Nutzen mit sich bringt.“

Einige Rheumapatienten werden unter einer optimierten Therapie auf Dauer beschwerdefrei. Die S2e-Leitlinie gibt daher erstmals Empfehlungen zur „Deeskalation“, einem Senken der Medikamente. Das ist nur möglich, wenn die Patienten kein Kortison mehr einnehmen und seit sechs Monaten beschwerdefrei sind. Die neue Leitlinie geht zudem auch erstmalig in separaten Kapiteln auf den Einfluss von Lebensstilmodifikationen und das Thema der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Patient und behandelndem Arzt ein.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.


Publikation: Fiehn, C., Holle, J., et al.; S2e-Leitlinie: Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten; Z Rheumatol, 2018; doi: 10.1007/s00393-018-0481-y

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