„Der Film zeigt ungeschminkt die Realität dieser schweren neurologischen Erkrankung, an deren Therapie weltweit Tausende Wissenschaftler und Ärzte forschen. Aber er gibt auch Mut, sich als Patient aktiv mit der Krankheit auseinanderzusetzen – ein wichtiger Faktor, der uns Ärzten bei der Behandlung sehr hilft“, sagt Professor Ralf Gold, MS-Experte, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Vorstandsmitglied des krankheitsbezogenen Kompetenznetz MS (KKNMS). Beide Organisationen unterstützen gemeinsam das Projekt zum Deutschlandstart.
Beeindruckendes Langfilmdebüt
Janns Mutter leidet an Multipler Sklerose, seit er ein kleiner Junge ist. Als er heranwächst und mehr über die Krankheit wissen will, kann sie bereits nicht mehr sprechen. Janns Weg, mit diesem Schicksal umzugehen, ist außergewöhnlich: Auf der Suche nach Antworten reist er mit seiner Filmkamera quer durch die Schweiz und trifft sechs weitere Menschen, die ebenfalls mit MS leben. Dabei entsteht der 84-minütige Dokumentarfilm „Multiple Schicksale – Vom Kampf um den eigenen Körper“.
Das Langfilmdebüt des heute 20-jährigen Schweizers Jann Kessler war ein Überraschungserfolg in Schweizer Kinos und ist nun auch in Deutschland zu sehen. Nach den Vorführungen sind Diskussionen mit dem Autor, Patienten und Ärzten geplant.
Die von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. (DMSG), dem Krankheitsbezogenen Kompetenznetz MS (KKNMS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) unterstützte Kinotour startet in Leipzig in den Passage Kinos. Am 18. September, drei Tage vor dem 89. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (21. bis 24. September), läuft der Film auch am Kongressort Mannheim. Alle Orte, Termine und Informationen unter: www.ms-derfilm.de.
Eine Krankheit mit vielen Gesichtern
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste neurologische Erkrankung, die im jungen Erwachsenenalter zu bleibender Behinderung führt. Weltweit sind ca. 2 Mio. Menschen von MS betroffen, in Deutschland wird die Zahl der Erkrankten auf rund 200 000 geschätzt (Petersen et al, 2014).
Eine Fehlsteuerung des Immunsystems löst eine chronische Erkrankung des Zentralnervensystems aus, die zum Abbau der Hüllschicht von Nervenfasern führt. Die Folge sind Seh- und Gleichgewichts-störungen, Lähmungen, Schmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwächen – die jeder Betroffene anders erlebt, weshalb MS auch als die Krankheit der 1000 Gesichter bezeichnet wird.
MS ist trotz intensiver Forschung noch nicht heilbar, die Medizin kennt heute aber bereits viele Medikamente und Behandlungsmethoden, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und ihren Verlauf abmildern können.
Tiefe Einblicke in das Leben mit MS
Kesslers Film hilft, die unberechenbare und vielschichtige Krankheit MS zu verstehen. Seine Kamera gewährt tiefe Einblicke in ganz persönliche Schicksalsschläge und hält dennoch respektvoll Distanz. Er zeigt schonungslos, vor welche Herausforderungen das Leben mit MS die Erkrankten und ihre Angehörigen täglich stellt, erzählt von Verzweiflung und Wut – aber auch von Mut, Zuversicht und unbeschwert glücklichen Momenten.
„Ich durfte extrem beeindruckende Personen kennenlernen, die mir geholfen haben, meine eigenen Kindheitserlebnisse zu verstehen und zu akzeptieren, wie es Mama heute geht“, sagt der junge Filmemacher über sein Projekt, das ursprünglich als Matura-Arbeit für die Schule konzipiert war und sich zu einem Kinofilm ausgewachsen hat.
„Multiple Schicksale“ ist auch ein Film über die Suche nach den Chancen, die in einer schweren Krankheit – wie in jeder Krise – liegen. Der Film macht durch seine ehrliche Art Mut, sich mit schwierigen Dingen auseinanderzusetzen.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)
Publikation: Petersen, G. et al.; Epidemiologie der Multiplen Sklerose in Deutschland; Nervenarzt, 2014; doi: 10.1007/s00115-014-4097-4