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Eisen im Gehirn

Eisen ist für den menschlichen Stoffwechsel unverzichtbar, allerdings ist es auch potenziell schädlich. © PJ66431470 / iStock / Thinkstock

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Parkinson: Eisen im Gehirn

Eine Studie des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) zeigt, dass sich natürliches Eisen ungewöhnlich im Gehirn verteilt. Das Team um Professor Peter Nestor verwendete eine spezielle Form der Magnetresonanztomographie (MRT) um die Eisenverteilung im gesamten Gehirn darzustellen. Dieser Ansatz könnte die Diagnose von Parkinson verbessern und neue Erkenntnisse über die Krankheitsmechanismen ermöglichen.

Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die von Bewegungsstörungen geprägt ist und in einem späteren Stadium mit Demenz einhergehen kann. Zu den Krankheitsmerkmalen gehören beschädigte Nervenzellen und die Anwesenheit des Proteins „Alpha-Synuclein”. Die Krankheitsmechanismen sind allerdings noch weitgehend unverstanden.

„Bisher wissen wir nicht, wodurch Parkinson ausgelöst wird. Durch Eisen verursachter oxidativer Stress gilt jedoch als möglicher Krankheitsmechanismus“, sagt Julio Acosta-Cabronero, Postdoc in der Arbeitsgruppe von Peter Nestor am DZNE-Standort Magdeburg und Erstautor der aktuellen Veröffentlichung.

Kooperation mit der Universität Magdeburg

„Aus diesem Grund haben wir nach Möglichkeiten gesucht, die Eisenverteilung im gesamten Gehirn abzubilden. Bei Parkinson wurde das noch nicht getan. Bisherige Studien beschränkten sich auf bestimmte Hirnregionen.“

Eisen ist für den menschlichen Stoffwechsel unverzichtbar. Es ist beispielsweise in den roten Blutkörperchen vorhanden, in Enzymen sowie in bestimmten Proteinen, die als Eisenspeicher dienen. Allerdings ist Eisen auch potenziell schädlich, weil es die Entstehung aggressiver Moleküle auslösen kann. Diese können „oxidativen Stress“ verursachen und letztendlich Nervenzellen beschädigen.

Im Rahmen der aktuellen Studie kooperierten die DZNE-Forscher mit Fachkollegen der Universität Magdeburg. Gemeinsam untersuchten sie die Gehirne von 25 Menschen mit Parkinson und 50 gesunden Studienteilnehmern. Zum Einsatz kam dabei ein spezielles MRT-Verfahren: die QSM. Diese Abkürzung steht für den englischen Begriff „quantitative susceptibility mapping“ – im Deutschen wird das Verfahren auch „Quantitative Suszeptibilitätskartierung“ genannt.

Abbildung magnetischer Eigenschaften

QSM-Scan © DZNE / Julio Acosta-CabroneroDie Hirnscans zeigen die Substantia nigra bei einem gesunden Studienteilnehmer und einem Parkinson-Betroffenen. Ein starkes QSM-Signal (rot und gelb) weist auf hohe Eisenwerte hin. © DZNE / Julio Acosta-Cabronero

Die QSM ist eine relativ neue Entwicklung. Das Verfahren ist ebenso wie die konventionelle MRT nicht-invasiv: Es beruht auf einer Kombination aus Magnetfeldern, elektromagnetischen Wellen und Analysesoftware, um Bilder vom Inneren des Menschen zu erzeugen. Die QSM nutzt jedoch Rohdaten, die bei der konventionellen MRT üblicherweise verworfen werden. Infolgedessen lässt sich mit der QSM ein magnetischer Parameter erfassen, der auf die Anwesenheit von Metallen hinweist.

„Die QSM zeigt, wie die magnetische Suszeptibilität innerhalb des Gehirns variiert. In unserer Studie werden diese Veränderungen hauptsächlich von lokalen Unterschieden im Eisengehalt hervorgerufen. Letztendlich bilden wir also die räumliche Verteilung von Eisen im Gehirn ab“, erklärt Acosta-Cabronero.

„Die Untersuchungen neurodegenerativer Erkrankungen mit Hilfe der MRT haben sich bisher vorwiegend darauf konzentriert, den Verfall von Nervenzellen zu erfassen. Über die Ursachen dieser Erkrankungen ist bisher jedoch nur sehr wenig bekannt. Von neuen Verfahren wie der Ganzhirn-Analyse mit QSM erhoffen wir uns Erkenntnisse über die Krankheitsmechanismen“, sagt Peter Nestor.

Indem sie Hirnscans von Menschen mit Parkinson und die gesunder Studienteilnehmer miteinander verglichen, konnten die Wissenschaftler krankhafte Veränderungen identifizieren. „Bei Parkinson-Patienten stellten wir, wie aufgrund vorheriger Studien erwartet, einen erhöhten Eisengehalt in der Substantia nigra fest, aber auch in weiten Bereichen des Neocortex“, erklärt Nestor.

Mögliche Biomarker

Die herkömmliche MRT konnte im Gegensatz dazu keine wesentlichen Unterschiede zwischen Parkinson-Betroffenen und gesunden Studienteilnehmern feststellen. Darüber hinaus zeigte die QSM Anomalien auch in Hirnbereichen, die in Zusammenhang mit Parkinson bisher wenig beachtet wurden.

„Der Nucleus dentatus, eine Region des Kleinhirns. weist normalerweise einen hohen Eisengehalt auf. Unser das gesamte Gehirn umfassende Ansatz zeigte jedoch bei Parkinson-Patienten einen verringerten Eisengehalt in diesem Areal. Bei einigen Betroffenen war der Rückgang extrem. Dies unterstreicht, wie diese Methode neue Möglichkeiten zur Erforschung der Parkinson-Krankheit eröffnen kann“, sagt Nestor.

Der Neurowissenschaftler ist überzeugt, dass dieser Ansatz auch für den Klinikalltag geeignet sein könnte: „Die QSM beruht auf Messdaten, die von der herkömmlichen MRT nicht verwendet werden. Die meisten Hirnscanner wären jedoch prinzipiell in der Lage, diese Daten aufzuzeichnen und für die weitere Verarbeitung zu speichern.

Insofern könnten Hirnscans, die die magnetische Suszeptibilität des gesamten Gehirns abbilden, möglicherweise als Biomarker für eine Erkrankung dienen. Mit anderen Worten: Die QSM könnte helfen, die Diagnostik von Parkinson und ähnlichen Erkrankungen zu verbessern.“

Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)


Originalpublikation: Peter J. Nestor et al.; The whole-brain pattern of magnetic susceptibility perturbations in Parkinson’s disease; BRAIN, 2016; DOI: 10.1093/brain/aww278

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