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Fehlerhafter Proteintransport in den Zellen

Bei Patienten mit Frontotemporaler Demenz liegen keine Mutationen vor. © julos / iStock / Thinkstock

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Neurodegenerative Erkrankungen: Fehlerhafter Proteintransport in den Zellen

Ablagerungen des Proteins FUS (FUsed in Sarcoma) in Nervenzellen spielen sowohl bei der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), die zu Muskelschwund und letztendlich einer letalen Lähmung führt, als auch bei der Frontotemporalen Demenz (FTD) eine große Rolle. Biochemikerin Dorothee Dormann von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) untersucht mit ihrem Team die Ursachen dieser Krankheiten.

Nun hat die Forscherin zwei unterschiedliche molekulare Mechanismen identifiziert, die zum Entstehen der Ablagerungen führen. In gesunden Zellen wird das Protein FUS in den Zellkern transportiert, wo es an die DNA bindet und dabei hilft, das Ablesen des Erbguts zu steuern. Sowohl bei ALS als auch bei FTD funktioniert dieser Transport nicht, daher sammelt sich das Protein im Zytoplasma von Nervenzellen an und akkumuliert in sogenannten Stress-Granula.

„Wir haben aufgrund früherer Ergebnisse vermutet, dass diese Stress-Granula als Kristallisationskeime für eine weitere, dann irreversible Verklumpung von FUS dienen können“, sagt Dormann. „Wie man sich den Aggregationsprozess genau vorzustellen hat, war allerdings unklar.“

Nun konnte Dormann zeigen, dass die Aggregation durch eine Phasentrennung zustande kommt, die derjenigen von Öltröpfchen in einer wässrigen Lösung ähnelt: Das Protein sondert sich vom umgebenden Zytoplasma ab und bildet Proteintröpfchen aus.

Transportin nicht nur für den Protein-Transport zuständig

FUS-Protein © Dr. Saskia HuttenDas FUS-Protein (grün) lagert sich aufgrund gestörter Bindung an Transportin in Stress-Granula (rot) ab. Zellkerne sind in blau angefärbt. © Dr. Saskia Hutten

Die Phasentrennung von FUS wird bei den beiden untersuchten Erkrankungen auf unterschiedliche Weise beschleunigt: Im Fall der Amyotrophen Lateralsklerose bewirken Mutationen im FUS-Protein, dass der Kerntransport-Faktor Transportin wesentlich schwächer an FUS bindet als normal.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Transportin nicht nur für den Protein-Transport zuständig ist, sondern auch als Stabilisator für Proteine wie FUS wirkt, die eine sehr hohe Neigung zur Phasentrennung besitzen“, sagt Dormann. Diese wichtige Stabilisatorwirkung ist aufgrund der Mutation gestört. Bei Patienten mit Frontotemporaler Demenz dagegen liegen keine Mutationen vor, stattdessen fehlen bestimmte chemische Modifikationen am FUS-Protein, die den Transport von FUS in den Zellkern regulieren.

Wie die Wissenschaftler zeigen konnten, verändert die fehlende chemische Modifikation nicht nur den Transport, sondern begünstigt direkt die Tröpfchenbildung und Aggregation von FUS. Mit ihren Ergebnissen haben die Wissenschaftler nachgewiesen, dass die FUS-Aggregation ein zentraler Pathomechanismus bei der Entstehung von ALS und FTD ist.

„Es gibt Hinweise, dass auch andere Proteine, die eng mit neurodegenerativen Erkrankungen verknüpft sind, über den Prozess der Phasentrennung aggregieren“, sagt Dormann. „In Zukunft möchten wir auch solche Proteine näher untersuchen, um so besser zu verstehen, wie dieser Prozess unterdrückt wird und wie man ihn eventuell chemisch modulieren könnte.“

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)

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