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DNA-Strang löst sich auf.

Die DNA wird ständig beschädigt, ob durch Umwelteinflüsse oder den ganz normalen Stoffwechsel. © ktsimage / iStock / Getty Images Plus

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Genomschäden: Forschende entdecken Master-Regulator der DNA-Reparatur

Schäden im menschlichen Erbgut können repariert werden. Doch in normalen Körperzellen funktioniert das nicht so gut wie in Spermien und Eizellen. Dafür verantwortlich ist der DREAM-Proteinkomplex, der verhindert, dass alle verfügbaren Reparaturmaschinen angeschaltet werden. Ein Kölner Forschungsteam zeigt, dass sich auch normale Körperzellen optimal reparieren können, wenn dieser Komplex ausgeschaltet wird. Langfristig erhoffen sie neue Therapien zur Vorbeugung von Krebs und alternsbedingten Erkrankungen.

In menschlichen Zellen, in Mäusen und im Fadenwurm Caenorhabditis elegans verhindert ein Proteinkomplex, dass Schäden im Erbgut repariert werden können. Das haben Kölner Forschende entdeckt. Außerdem ist es ihnen erstmals gelungen diesen Komplex mit einem pharmakologischen Wirkstoff auszuschalten.

„Wenn wir den sogenannten DREAM-Komplex in den Körperzellen hemmen, wird eine größere Menge der Reparaturmaschinerien hergestellt, was die Körperzellen extrem widerstandsfähig gegenüber den verschiedensten Arten der DNA-Beschädigungen macht“, sagt Professor Dr. Björn Schumacher, Direktor des Instituts für Genomstabilität in Alterung und Erkrankung am CECAD Exzellenzcluster für Alternsforschung der Universität zu Köln.

Die DNA enthält die gesamte Erbinformation und muss daher gut geschützt werden, doch sie wird ständig beschädigt – ob durch Umwelteinflüsse oder den ganz normalen Stoffwechsel. Daher ist die Reparatur der DNA von grundsätzlicher Bedeutung für die Stabilität des Erbgutes und das Funktionieren der Zellen. „Diese Erkenntnisse bieten zum ersten Mal die Möglichkeit, die DNA-Reparatur der Körperzellen zu verbessern und den Alterungsprozess und die Krebsentstehung an der Wurzel zu behandeln“, sagt Schumacher. Bis zur Entwicklung möglicher Anwendungen beim Menschen ist jedoch weitere Forschung notwendig.

DNA-Reparatur bewahrt Erbinformation

Unser Erbgut wird von Generation zu Generation weitervererbt. Dabei wird es in den Keimzellen, also den Spermien und Eizellen des Menschen, ganz besonders geschützt. Hier sind hochgenaue DNA-Reparaturmechanismen am Werk und stellen sicher, dass nur ganz wenige Veränderungen im Erbgut an die Nachkommen weitergegeben werden.

Unser menschliches Genom ist uns von unseren Vorfahren so nun schon seit zweihunderttausend Jahren durchgängig weitergegeben worden – dank der DNA-Reparatur, die immer wieder für die Bewahrung der Erbinformation gesorgt hat. Auch in unseren Körperzellen muss die DNA ständig repariert werden, aber eben nur für die Dauer des Lebens eines Menschen.

Es kommt jedoch vor, dass Kinder mit nicht-funktionierenden DNA-Reparatursystemen geboren werden. Dann altern sie schneller, entwickeln schon in der Kindheit typische alternsbedingte Krankheiten wie der Abbau des Nervensystems und Arterienverkalkung und haben ein teilweise extrem erhöhtes Krebsrisiko. All dies sind die Folgen von DNA-Schäden, wenn sie nicht repariert werden.

Unterschiede von Zelle zu Zelle

Das Team um den Kölner Genetiker Professor Dr. Björn Schumacher hat erforscht, warum Körperzellen eine schlechtere DNA-Reparatur haben als Spermien und Eizellen. Die Wissenschafler:innen fanden anhand des Fadenwurms C. elegans heraus, dass der DREAM-Proteinkomplex die Mengen an DNA-Reparaturmaschinerien in den Körperzellen begrenzt: Der Komplex setzt sich vor die Baupläne auf die DNA, die die Anleitungen für die Reparaturmaschinen beinhalten.

Dadurch wird verhindert, dass sie in großen Mengen hergestellt werden. In Keimzellen hingegen gibt es keinen DREAM-Komplex, sodass dort natürlicherweise große Mengen an DNA-Reparaturmaschinerien hergestellt werden.

In weiteren Experimenten mit menschlichen Zellen im Labor (Zellkultur) zeigten die Wissenschaftler:innen, dass der DREAM-Komplex in gleicher Weise in menschlichen Zellen funktioniert. Zudem konnten sie den DREAM-Komplex mit einem pharmakologischen Wirkstoff außer Kraft setzen.

Erste vielversprechende Ergebnisse

„Wir waren sehr erfreut, dass wir hier den gleichen Effekt wie in C. elegans gesehen haben. Die menschlichen Zellen waren nach der Behandlung viel widerstandfähiger gegenüber DNA-Schäden“, sagt Arturo Bujarrabal, ein Postdoc in Schumachers Team und Erstautor der Studie. Auch bei Mäusen zeigte die Behandlung mit dem DREAM-Komplex Hemmer erstaunliche Wirkung.

Mit Hilfe des pharmakologischen Wirkstoffs konnte die DNA in der Netzhaut von Mäusen repariert werden und die Funktion des Auges erhalten werden. Getestet wurde in Mäusen, die wie manche Patient*innen vorzeitig altern und dabei einen typischen Abbau der Netzhaut des Auges zeigen.

Genomschäden spielen auch bei der bemannten Raumfahrt wegen der extrem hohen Strahlenlast im Weltall eine große Rolle. Ein längerer Aufenthalt im Weltall ohne eine verbesserte DNA-Reparatur ist kaum vorstellbar. Schumacher resümiert: „Therapien die bei diesem neu entdeckten Master-Regulator der DNA-Reparatur ansetzen und diese verbessern, könnten das Krebsrisiko senken, weil Gene intakt bleiben.“ Zudem würde das Risiko altersbedingter Krankheiten gesenkt, weil Zellen nur mit einem intakten Genom ihre Funktion erfüllen können.

Die Studie wurde am Institut für Genomstabilität in Alterung und Erkrankung am CECAD Exzellenzcluster für Alternsforschung der Universität zu Köln durchgeführt.

Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft


Originalpublikation: Schumacher B. et al.; The DREAM complex functions as conserved master regulator of somatic DNA repair capacities; Nature Structural & Molecular Biology, 2023; doi: 10.1038/s41594-023-00942-8

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