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Gewebe von Vielzellern untersucht

Das Zusammenspiel sehr vieler Genaktivitäten macht die Identität einer Zelle aus. © ktsimage / iStock / Thinkstock

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Schaltplan der Gene: Gewebe von Vielzellern untersucht

Wie ist die Aktivität aller Gene in Zellen höherer Organismen miteinander verschaltet? Und wie sind die genetischen Schaltpläne der Zellen in komplexen Geweben untereinander koordiniert? Forscher aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), dem European Molecular Biology Laboratory und der Universität Heidelberg wollen dies nun an den Modellorganismen Drosophila und Arabidopsis untersuchen.

© Benedikt Rauscher / DKFZDie Forscher wollen verstehen, wie sich die genetischen Schaltpläne im Zuge der Entwicklung und Differenzierung eines Gewebes verändern. © Benedikt Rauscher / DKFZ

Gene sind Teamplayer. Veränderungen in einer Erbanlage wirken sich häufig auf die Aktivität einer Vielzahl anderer Gene aus, mit weitreichenden Folgen: „Das Zusammenspiel sehr vieler Genaktivitäten macht die Identität einer Zelle aus und entscheidet letztendlich darüber, ob beispielsweise eine Nervenzelle oder ein weißes Blutkörperchen entsteht, bei weitestgehend identischem Erbgut", erklärt Michael Boutros vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

Schaltpläne, die die Gesamtheit solcher genetischer Abhängigkeiten abbilden, wurden zunächst für Einzeller wie die Hefe erstellt, später auch für Zellen höherer Organismen in der Kulturschale. Die Herausforderung ist nun, solche Analysen auf die teilweise kompliziert aufgebauten Gewebe von Vielzellern auszudehnen, die meist aus verschiedenen Zelltypen bestehen, sich im Verlaufe des Lebens weiterentwickeln und auf veränderte Umweltbedingungen reagieren müssen.

Mit „DECODE" wollen Forscher aus drei Heidelberger Institutionen jetzt den Beweis antreten, dass solche Analysen möglich sind. Der Europäische Forschungsrat ERC fördert das ambitionierte Vorhaben mit einem „Synergy Grant". Beteiligt sind neben Boutros Wolfgang Huber vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Jan Lohmann von der Universität Heidelberg sowie Oliver Stegle vom DKFZ und dem EMBL.

3000 ausgewählte Gene ausschalten

Die Stärke des DECODE-Teams ist, dass es exzellente Expertise im Bereich der Einzelzellanalysen und des Genome-Engineerings mit hochkarätiger Bioinformatik vereint. Das Team will sich zuerst auf zwei Modellsysteme konzentrieren: den Darm der Fruchtfliege Drosophila sowie die Wurzelspitze der Ackerschmalwand Arabidopsis, dem beliebtesten Untersuchungsobjekt der Botaniker.

Mit der Genschere CRISPR-Cas wollen die Forscher rund 3000 ausgewählte Gene ausschalten, einzeln oder sogar paarweise – und beobachten, was passiert: „Wir sind heute in der Lage, auf der Ebene einzelner Zellen die RNA-Moleküle zu analysieren. Daran können wir erkennen, welche Änderungen in der Aktivität aller Gene unser jeweiliger Eingriff ausgelöst hat", erklärt Michael Boutros.

So wollen die Forscher verstehen, wie sich die genetischen Schaltpläne im Zuge der Entwicklung und Differenzierung eines Gewebes verändern oder in Antwort auf einen äußeren Reiz, etwa einen Giftstoff, reagieren.

Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Therapeutika

„Drosophila und Arabidopsis wurden bereits genau untersucht und haben kompakte Genome, und eigenen sich daher besonders gut für unser Vorhaben. Unser Projekt ebnet aber auch den Weg für vergleichbare Studien an menschlichen Zellen", sagt Oliver Stegle.

„Wenn wir Störungen im genetischen Schaltplan von Zellen verstehen, die etwa bei Entzündungen oder bei Krebs auftreten, so könnte das ganz neue Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Therapeutika eröffnen." Mit seinen „Synergy Grants" unterstützt der ERC kleine Teams von Wissenschaftlern, die gemeinsam komplexe Forschungsprobleme lösen wollen und dabei disziplinübergreifend verschiedene Techniken und Fertigkeiten zusammenbringen.

Das DECODE-Team hat sich in einem hoch kompetitiven Bewerbungsverfahren durchgesetzt, nur einer von zehn eingereichten Projektanträgen wurde ausgewählt. „DECODE" wird nun über sechs Jahre mit 10,6 Millionen Euro unterstützt.

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

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