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Hoffnung für Kinder mit Morbus Hirschsprung

Bei Morbus Hirschsprung kann der Darminhalt nicht oder nur in geringen Mengen weitertransportiert werden. Dies führt zu einem schlechteren Allgemeinzustands des Kindes. © Dmitry Kalinovsky / iStock / Thinkstock

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Neues Forschungsprojekt: Hoffnung für Kinder mit Morbus Hirschsprung

Wissenschaftler der Hochschule Kaiserslautern wollen den Einsatz von Stammzellen bei einem fehlenden oder defekten Darmnervensystem, wie es bei Morbus Hirschsprung vorliegt, erforschen. Die Therapie könnte die Lebensqualität der betroffenen Kinder verbessern und operative Eingriffe minimieren.

Morbus Hirschsprung (MH) ist eine Erkrankung des neugeborenen Kindes, die den Enddarm, und manchmal sogar den gesamten Darm betreffen kann. Diese erzeugt bei den Kindern und deren Eltern einen hohen Leidensdruck. Mit der angeborenen Fehlbildung kommt in Deutschland ca. jeden zweiten bis dritten Tag ein Kind zur Welt. Kennzeichnend für MH ist, dass in einem unterschiedlich langen Teil der Darmwand die Nervenzellen fehlen (Aganglionose). Der Darminhalt kann nicht oder nur in geringen Mengen weitertransportiert werden und damit den betroffenen Darmabschnitt kaum oder gar nicht passieren. Das führt zu einer zunehmenden Verschlechterung des Allgemeinzustands des Kindes.

Es kann sich eine Entzündung der Darmwand entwickeln (Enterokolitis), die bis hin zu einer schweren Blutvergiftung (Sepsis), eventuell mit lebensbedrohlichem Kreislaufzusammenbruch führen kann. Die Therapie besteht zurzeit in der Entfernung des erkrankten Darmabschnittes, was umso problematischer ist, je näher der betroffene Darmabschnitt am Schließmuskel liegt. Oft ist damit die Krankheit nicht komplett geheilt, und Beschwerden wie Inkontinenz mit Schmieren oder Verstopfung sind die Folgen. Bei einer Aganglionose des gesamten Darmes sind die Kinder auf eine dauerhafte parenterale Ernährung angewiesen, mit all ihren Komplikationen. Eine kurative chirurgische Therapie ist bisher nicht möglich. Gerade für diese Kinder besteht die einzige Hoffnung in einer Besiedelung des Darmes mit funktionierenden Nervenzellen.

Knackpunkt ist das „Bauchhirn“

Zellen im MikroskopZellen des Enterischen Nervensystems: Grün eingefärbt sind die Zellen, die im Forschungsprojekt über die Blutgefäße eingespritzt wurden. © Hochschule Kaiserslautern

Für die Erforschung der Möglichkeiten hat die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Karl-Herbert Schäfer am Standort Zweibrücken der Hochschule Kaiserslautern jetzt eine Förderzusage der Deutschen Forschungsgemeinschaft von knapp 425000 Euro erhalten. „Wir stehen unter einem hohen emotionalen Druck“, sagt der früher in der Kinderchirurgie tätige Prof. Schäfer. „Die Eltern erkrankter Kinder wollen wissen, wie weit wir mit einer Therapie sind, die das Leiden ihrer Kinder lindern kann.“ 

Unser Magen-Darm-Trakt ist mit einem eigenen Nervensystem ausgestattet. Das so genannte „Bauchhirn“ besteht aus rund 100 Millionen Nervenzellen und ist somit größer als das Nervensystem im Rückenmark. Dieses sogenannte enterische Nervensystem zieht sich als durchgehendes Netzwerk von der Speiseröhre bis zum Darmausgang. Das Bauchgehirn analysiert die zugeführte Nahrung auf ihre Nährstoffzusammensetzung, den Salzgehalt und Wasseranteil und koordiniert, was der Körper absorbiert und was er ausscheidet. Die dort angesiedelten Neuronen und Glia-Zellen kontrollieren die Darmbewegung, regulieren den Blutfluss und haben einen Einfluss auf die Immunantwort des Körpers.

Was geschieht aber, wenn dieses „Bauchgehirn“ gestört ist? Und wie kann man es wieder einem „normalen Betrieb“ zuführen? Damit beschäftigen sich die Forscher der Hochschule Kaiserslautern und bilden damit einen der führenden Forschungsschwerpunkte auf diesem Gebiet weltweit. In Zusammenarbeit mit hochkarätigen Forschern unter anderem der Universitäten Harvard, Columbia und dem University College in London haben die Fachleute um Prof. Dr. Schäfer in einem sogenannten white paper einen Forschungsüberblick gegeben und zeigen auf, wie eine Strategie zur Weiterentwicklung einer Stammzellen-basierten Therapie aussehen könnte.

In Zweibrücken untersucht man jetzt, ob Stammzellen in ausreichenden Mengen isoliert, beziehungsweise vermehrt werden können, und ob diese über einen völlig neuen Transplantationsansatz über die Blutgefäße dorthin gelangen, wo sie bei den entsprechenden Erkrankungen fehlen. Bei Morbus Hirschsprung und ähnlichen Erkrankungen könnte so, eine Operation vermeiden, die Innervation des Darmes erreicht und die Lebensqualität der Patienten entschieden verbessert werden.

Quelle: Hochschule Kaiserslautern

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