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Impfquoten auf niedrigem Niveau

Es gibt mittlerweile drei zugelassene Impfstoffe gegen HPV-Viren. © jarun011 / iStock / Thinkstock

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Humane Papillomviren: Impfquoten auf niedrigem Niveau

Gegen Bakterien gibt es Antibiotika, nur gegen einzelne Viren gibt es antivirale Medikamente, die jedoch oft nicht ausreichend wirksam sind und auch Nebenwirkungen verursachen können. Daher hat die Impfprävention gegen virusbedingte Krankheiten, wie z.B. Masern schon immer eine ganz besondere Bedeutung. Eines der erfreulichsten Ergebnisse dieser Bemühungen war die Entwicklung und Zulassung einer Impfung gegen humane Papillomviren, die Gebärmutterhalskrebs und Genitalwarzen verursachen können.

Studien bestätigen die schützende Wirkung der HPV-Impfung, unerwünschte Reaktionen sind ausgesprochen selten. Dennoch liegen die Durchimpfungsraten trotz der seit zehn Jahren durch die Ständige Impfkommission (STIKO) ausgesprochenen Empfehlung noch unter 50 Prozent, stellt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Übersicht fest. 

Eine Untersuchung der STIKO beim Robert-Koch-Institut Berlin kam nämlich zu eher ernüchternden Ergebnissen, berichtet die Stiftung Kindergesundheit: Seit der Einführung der Impfung in Deutschland sind die Impfquoten zwar leicht angestiegen, liegen jedoch immer noch auf niedrigem Niveau. Ende 2016 wiesen nur 30,5 Prozent der 15-jährigen Mädchen eine vollständige Impfung auf.

Auch unter den 17-jährigen waren Ende 2016 lediglich 42,5 Prozent vollständig geimpft. Dabei lagen die Impfquoten in den neuen Bundesländern stets weit über den noch niedrigeren Werten der alten Bundesländer. „Beim Gebärmutterhalskrebs, in der Fachsprache Zervixkarzinom genannt, konnte durch den deutschen Forscher Harald zur Hausen belegt werden, dass an seiner Entstehung bestimmte Viren beteiligt sind“, berichtet Professor Dr. Johannes Liese, Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Kindergesundheit.

„Es sind die Humanen Papillomviren, abgekürzt HPV. Die bis heute bekannten rund 210 Untertypen des humanen Papillomvirus sind weltweit verbreitet. Einige von ihnen können bei Menschen Gebärmutterhalskrebs, aber auch Scheiden-, Penis- und Analkarzinome und Genitalwarzen hervorrufen“. 

Lovestories mit Risiken

Gebärmutter © PALMIHELP / iStock / ThinkstockDie Früherkennungsmaßnahmen zum Gebärmutterhalskrebs beim Frauenarzt sollten auch von geimpften Frauen unverändert in Anspruch genommen werden. © PALMIHELP / iStock / Thinkstock

Es gibt mittlerweile drei zugelassene Impfstoffe gegen HPV-Viren: Alle drei Impfstoffe schützen vor der Infektion mit den beiden häufigsten an der Krebsentstehung beteiligten HPV-Typen, HPV 16 und 18. Diese zwei Typen führen zu Schleimhautveränderungen, die in der Scheide und auch an den äußeren Genitalien beider Geschlechter, also bei Frau und Mann, Krebs auslösen können.

HPV 16 und 18 verursachen in Europa rund 75 Prozent der Gebärmutterhalskrebse. Ein weiterer Impfstoff bietet ebenfalls Schutz vor HPV 16 und 18, richtet sich darüber hinaus auch gegen die beiden HPV-Typen HPV 6 und 11, die zwar nicht zu Krebs, aber zu Genitalwarzen, so genannten Kondylomen oder Feigwarzen führen können.

Ein weiterer, im letzten Jahr zugelassener Impfstoff vermittelt Schutz vor den HPV-Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58 und kann damit die Infektion mit weiteren, Zervixkarzinom auslösenden HPV-Typen verhindern. Dieser so genannte „9-valente“ Impfstoff wird vermutlich nach einer Übergangszeit den früheren („4-valenten“) Impfstoff ersetzen. Zusammen sind die HPV-Impfstoffe weltweit bereits über 260 Millionen Mal verwendet worden. „HPV-Infektionen sind häufig“, erläutert Professor Dr. Johannes Liese.

„Fast jeder sexuelle aktive Erwachsene kommt irgendwann in seinem Leben in Kontakt mit Papillomviren. Die meisten von ihnen müssen keine negativen Folgen befürchten: Das Immunsystem schafft es in aller Regel, den unerwünschten Eindringling wieder loszuwerden. Eine chronische Infektion mit den so genannten Hochrisikotypen von HP-Viren kann aber auch gefährlich werden: Als vermutliche Folge davon erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 4700 Frauen neu am Gebärmutterhalskrebs, 1500 bis 1600 sterben daran“

Wirksam und gut verträglich

Die Impfung ist nur dann wirksam, wenn es noch nicht zur Ansteckung gekommen ist. Da humane Papillomviren durch Geschlechtsverkehr übertragen werden, sollte früh genug geimpft werden, lautet die übereinstimmende Empfehlung von Infektiologen und Impfexperten. Sie lässt sich mit Zahlen untermauern: Die Mehrheit der Mädchen erlebt heute ihre erste Regel mit zwölf oder 13 Jahren.

36 Prozent der Mädchen und 20 Prozent der Jungen geben an, bereits mit 14 bis 15 Jahren den ersten Geschlechtsverkehr erlebt zu haben (Statista 2016). Der Schutz der HPV-Impfstoffe wird durch die Erzeugung von hohen Antikörperspiegeln im Blut der Geimpften vermittelt. Die Dauer des Schutzes ist jedoch noch nicht vollständig geklärt, es wird jedoch von mindestens 10 Jahren ausgegangen.

Empfehlungen für Auffrischungen gibt es deshalb noch nicht. In Australien wurden bereits 2007 durch ein staatliches Impfprogramm an Schulen fast neun von zehn Mädchen geimpft, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Bereits einige Jahre später wurde eine 60-prozentige Abnahme der auffälligen Gebärmutterhals-Abstriche beim Frauenarzt dokumentiert.

Bei Jugendlichen unter 21 Jahren konnte zudem ein Rückgang der Genitalwarzen um 80 Prozent festgestellt werden. Da in Australien sehr viele Mädchen geimpft sind, ist die Infektionsrate auch bei den Jungen zurückgegangen, obwohl nur die Mädchen geimpft wurden (Herdenschutz).

Schutz auch vor Krebs in Mund und Hals

In den USA wurden bisher mehr als 56 Millionen Impfdosen verabreicht. Lebensbedrohliche Nebenwirkungen sind dabei nicht aufgetreten. Als unerwünschte Wirkungen der Impfung wurde häufiger über Fieber, Schmerzen, Rötung und Schwellung an der Injektionsstelle berichtet. Auch Juckreiz und Blutungen an der Injektionsstelle sind möglich.

Im Schnitt wurden bei 100 000 Impfungen lediglich 54 Nebenwirkungen gemeldet. In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die HPV-Impfung auch Genitalwarzen und Krebsvorstufen an der Scheide und den Schamlippen vorbeugen kann, die mit Papillomviren in Zusammenhang stehen, hebt die Stiftung Kindergesundheit hervor.

Studien mit insgesamt über 18 000 jungen Frauen ergaben: Geimpfte Frauen hatten zu 49 Prozent weniger Hautveränderungen an Scham und Scheide als nicht geimpfte Patientinnen. In Australien, wo Impfprogramme zu einer Durchimpfungsrate von 73 Prozent geführt haben, ging die Häufigkeit von Genitalwarzen bei Frauen unter 21 Jahren von 11,5 Prozent im Jahre 2007 auf 0,85 Prozent im Jahre 2011 zurück. Bei Frauen im Alter zwischen 21 und 30 Jahren wurde ein Rückgang von 11,3 auf 3,1 Prozent registriert.

Impfalter auf neun Jahre gesenkt

Beratungsgespräch © Beau Lark / Fuse / ThinkstockEs bedarf einer Intensivierung der Impf-Aufklärung in den gynäkologischen Praxen. © Beau Lark / Fuse / Thinkstock

Möglicherweise kann die HPV-Impfung auch das Risiko für Krebserkrankungen im Mund-Rachen-Raum, wie z. B. von Kehlkopf-Krebs verringern. Offenbar spielen nämlich neben Alkohol und Rauchen auch HP-Viren vom Typ 16 bei der Entstehung derartiger Tumore eine ursächliche Rolle. Die STIKO empfahl die Impfung ursprünglich für Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren.

Im August 2014 senkte das Expertengremium am Robert-Koch-Institut das empfohlene Impfalter auf neun bis 14 Jahre und empfahl nur noch zwei anstatt drei Impfstoffdosen für eine vollständige Immunisierung. Versäumte Impfungen sollten spätestens bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden. Alle Krankenkassen übernehmen die kompletten Kosten für die Impfung für den Altersbereich der 9- bis 17-jährigen Mädchen, ohne dass eine Zuzahlung nötig ist.

Zur besseren Information der Zielgruppe bieten sich die von Kinder- und Jugendärzten angebotene und vielen Krankenkassen freiwillig übernommene Vorsorgeuntersuchung U11 im Alter von 9 bis 10 Jahren und die Jugendgesundheitsuntersuchung J1 im Alter von 12 bis 14 Jahren an.

„Leider wird gerade die J1 immer noch von viel zu wenigen Berechtigten wahrgenommen“, so Professor Liese. „Es bedarf deshalb einer Intensivierung der Impf-Aufklärung auch in den gynäkologischen Praxen. Auch Eltern sollten den Kinder- und Jugendarzt, Haus- oder Frauenarzt ihrer Töchter früh auf die HPV-Impfung ansprechen“.

Impfung bald auch für die Jungen?

Laut Professor Liese wäre es auch sinnvoll, nicht nur junge Mädchen, sondern auch Jungen gegen die Papillomviren zu impfen. Schließlich können auch Männer an den Folgen einer HPV-Infektion erkranken, am häufigsten an den schwer zu behandelnden und sehr infektiösen Genitalwarzen. Darüberhinaus sind jugendliche Männer auch Überträger der Viren.

Dadurch bestünde die Möglichkeit, die Anzahl der Gebärmutterhalskrebserkrankungen und anderer HP-Virus assoziierter Erkrankungen noch weiter zu senken. Die sächsische Impfkommission SIKO empfiehlt die HPV-Impfung bereits seit 2013 auch für Jungen und Männer. Seit Anfang 2017 empfiehlt sie die HPV-Impfung für alle Mädchen und Frauen ab 10. bis zum vollendeten 26. Lebensjahr und für alle Jungen und Männer ab 10. bis zum vollendeten 26. Lebensjahr, bevorzugt mit dem 9-valenten Impfstoff.

Mädchen und Frauen, die sich gegen die humanen Papillomviren impfen lassen, sollten jedoch wissen: Die Impfung schützt nur vor den darin deklarierten HPV-Viren, nicht jedoch vor Infektionen mit anderen Typen des Virus, betont die Stiftung Kindergesundheit. Die Früherkennungsmaßnahmen zum Gebärmutterhalskrebs beim Frauenarzt sollten deshalb auch von geimpften Frauen unverändert in Anspruch genommen werden. In Deutschland haben alle Frauen ab dem 20. Lebensjahr einmal jährlich Anspruch auf die kostenlose Früherkennung.

Quelle: Stiftung Kindergesundheit


Wichtige Informationen über die HPV-Impfung und über die Sexualaufklärung von Kindern und Jugendlichen vermittelt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Maarweg 149-161 / 50825 Köln / Tel +49 221 8992-0 / Fax +49 221 8992-300. Online-Angebote unter www.bzga.de, www.impfen-info.de und www.kindergesundheit-info.de

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