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Künstliche Enzyme für die Industrie

Anja Hemschemeier und Thomas Happe halten DNA-Enzyme für ökologisch und ökonomisch sinnvoll – und auch für realisierbar. © RUB / Kramer

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Biokatalysatoren: Künstliche Enzyme für die Industrie

Enzyme arbeiten sehr spezifisch und benötigen wenig Energie – daher sind die Biokatalysatoren auch für die chemische Industrie interessant. In einem Übersichtsartikel fassen Prof. Dr. Thomas Happe und Dr. Anja Hemschemeier von der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) zusammen, was bereits über die Wirkweise von Enzymen aus der Natur bekannt ist. Sie schildern auch eine Vision für die Zukunft: künstliche Biokatalysatoren aus DNA.

„Sowohl für den Klimaschutz als auch aus ökonomischen Gründen wäre es von unschätzbarem Wert, eine biobasierte, von Enzymen getragene Industrie zu etablieren“, sagt Thomas Happe. Besonders komplizierte und energieaufwändige Reaktionen werden in der Natur oft von hochkomplexen Eiweißen bewerkstelligt.

Sie beinhalten Kofaktoren, die nicht aus Eiweißen bestehen, sondern aus anorganischen Stoffen, häufig aus Metallen. In ihrem Artikel erläutern Hemschemeier und Happe, wie wichtig die atomaren Details für das Zusammenwirken von Eiweiß und Kofaktor in sogenannten Metalloenzymen sind.

Um den genauen Reaktionsmechanismus eines Metalloenzyms zu verstehen, ist die Chemie des Kofaktors entscheidend. Wissenschaftler manipulieren einzelne Atome des Kofaktors, um so seine Bedeutung zu entschlüsseln. „Das ist aber nicht immer einfach“, so Happe. „Denn dafür müssen Chemiker den Kofaktor künstlich herstellen, und das synthetische Konstrukt muss mit dem Eiweißanteil des Enzyms auf natürliche Weise interagieren.“

Hydrogenasen könnten in der Industrie nützlich sein

Vor einigen Jahren gelang es einem Team um Thomas Happe, das Wasserstoff produzierende Enzym Hydrogenase auf diese Weise zu charakterisieren. Zusammen mit Chemikern entwickelten die Biologen ein halbkünstliches Hydrogenase-Enzym, in dem sie jedes einzelne Atom des Kofaktors austauschen und so verstehen konnten, wie Eiweiß und Kofaktor zusammenarbeiten.

Hydrogenasen könnten in der Industrie nützlich sein, um den potenziellen Energieträger Wasserstoff herzustellen. Allerdings sind die natürlichen Enzyme nicht sehr stabil, vor allem nicht, wenn sie mit Luft in Kontakt kommen. „Wir haben uns daher gefragt, ob sich die Enzyme nachbauen und robuster machen lassen“, erläutert Thomas Happe.

„In der Fachliteratur findet man schon viele Beispiele für die Herstellung künstlicher Eiweiße“, erklärt Anja Hemschemeier. „Aber Eiweiße sind meistens nicht so stabil, wie die Industrie sie gern hätte.“ Daher verfolgen die Bochumer Biotechnologinnen und -technologen einen neuen Ansatz: Sie wollen Eiweiße gegen die wesentlich stabilere DNA austauschen.

Nukleinsäuren mit Eiweißeigenschaften entdeckt

Seit den 1980er-Jahren ist bekannt, dass Nukleinsäuren chemische Reaktionen katalysieren können, und diese Eigenschaft wird seither intensiv untersucht. „Wir haben Beispiele für Nukleinsäuren gefunden, die Eigenschaften wie Eiweiße besitzen“, sagt Hemschemeier.

„Sie bilden zum Beispiel spezifische 3D-Strukturen aus, die eine bestimmte chemische Reaktion ermöglichen.“ Happe und Hemschemeier folgern daher in ihrem Übersichtsartikel: Es ist durchaus möglich, dass unsere Industrie in nicht allzu langer Zeit DNA-basierte Katalysatoren einsetzen kann, die solch komplexe Biokatalysatoren wie die Hydrogenase nachahmen.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum (RUB)


Originalpublikation: Anja Hemschemeier, Thomas Happe; The plasticity of redox cofactors: from metalloenzymes to redox-active DNA; Nature Reviews Chemistry, 2018; DOI: 10.1038/s41570-018-0029-3

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