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Mikrobiom des Darms

Die Darmflora erschließt dem menschlichen Körper eine Energiequelle, die er mit eigenen Mitteln nicht zu nutzen vermag. © TLFurrer / iStock / Thinkstock

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Forschung: Mikrobiom des Darms

Die kurzkettige Fettsäure Butyrat ist aktuell in den Fokus der Mikrobiomforschung gerückt, die sich bisher vor allem auf Untersuchungen einzelner Bakterienarten konzentrierte. Butyrat ist die Hauptenergiequelle der Darmzellen. Sie ist ein wichtiger Faktor für die Gesunderhaltung des Menschen, da sie das Darmepithelium stärkt und die lokale Immunabwehr stabilisiert. Ein Mangel an Butyrat steht in Verbindung mit Krankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) haben jetzt einen Workflow entwickelt, der es erlaubt, die große Vielfalt der Darmbakterien, welche Butyrat bilden können, aufzudecken und somit das gesamte Butyrat-produzierende Potenzial komplexer Bakteriengemeinschaften zu erforschen.

Die Forscher konnten zeigen, dass im Durchschnitt über 20 verschiedene Butyrat-bildende Arten im Darm einer Person zu finden sind, die sich unterschiedlichen Umweltbedingungen gezielt anpassen können, um in ihrer Gesamtheit die menschliche Gesundheit zu erhalten. Ballaststoffe aus unserer Nahrung werden im Dickdarm durch die dort heimische Bakteriengemeinschaft unter anderem in kurzkettige Fettsäuren abgebaut.

Die Darmflora erschließt dem menschlichen Körper damit eine Energiequelle, die er mit eigenen Mitteln nicht zu nutzen vermag. Mehr als 70 Prozent des Energiestoffwechsels der Epithelzellen des Darms wird durch diese Fettsäuren gedeckt. Die wichtigste Energiequelle für die Darmzellen ist dabei Butyrat, das Salz der Buttersäure. Das von Mikroorganismen produzierte Butyrat ist essenziell, um unsere Gesundheit zu erhalten.

Butyrat-bildende Bakteriengemeinschaften im Fokus

Neben der Ernährung der Darmzellen steuert es auch die immunologischen Abwehrkräfte des Darms und beeinflusst zudem verschiedene Stoffwechselwege im ganzen Körper, zum Beispiel in der Leber oder im Gehirn. Durch ihre gesundheitsfördernde Wirkung stehen die Butyrat-bildenden Bakteriengemeinschaften im Fokus der aktuellen Mikrobiomforschung. Die Forscher wollen ihre Artenvielfalt und Ökologie in den verschiedenen Bereichen des Darms besser verstehen.

Dr. Marius Vital, Wissenschaftler in der HZI-Arbeitsgruppe „Mikrobielle Interaktionen und Prozesse“ erklärt: „Ein chronischer Mangel an Butyrat wird in verschiedenen Publikationen in Verbindung mit dem Auftreten von Krankheiten wie Typ 2-Diabetes, Fettleibigkeit oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen gebracht. Zudem erhöht es das Risiko von Infektionskrankheiten im Darm."

„Die Butyrat-produzierende Gemeinschaft im Darm besteht aus vielen Bakterienstämmen und bildet eine biochemisch diverse Gruppe“, sagt Vital. „Dabei sind viele Bakterienarten involviert, vor allem verschiedene Firmicutes und auch einige Bacteriodetes. Oft wird jedoch die funktionelle Leistungsfähigkeit der gesamten Bakteriengemeinschaft im Darm vernachlässigt, was eine umfassende Analyse zur Butyratbildung erschwert.“

Ökologische Schlüsselmerkmale identifiziert

In ihrer wissenschaftlichen Arbeit haben die HZI-Forscher nun einen Workflow entwickelt, um die Zusammensetzung der Butyrat-Bildner im Detail zu quantifizieren und zu identifizieren sowie deren biochemische und taxonomische Vielfalt zu analysieren. Für die Datenanalyse kombinierten die Forscher Informationen aus verschiedenen öffentlich verfügbaren Datensätzen von Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen wie Diabetes, Fettleibigkeit oder Leberzirrhose.

So konnten die Forscher ökologische Schlüsselmerkmale dieser funktionellen Bakteriengemeinschaft identifizieren und wichtige Informationen zu deren Rolle für die Gesundheit des Menschen erhalten. Die HZI-Forscher fanden heraus, dass im Durchschnitt pro Person über 20 Bakterienarten in der Darmflora in der Lage sind, Butyrat zu bilden.

„Unsere Untersuchungen konnten zeigen, dass viele Bakterien die für uns so wichtige Fettsäure produzieren“, sagt Marius Vital. „Diese große Artenvielfalt an Butyrat-bildenden Bakterien hilft, eine funktionelle Stabilität des Darmmikrobioms im Alltag zu erhalten und auch grobe Störungen wie eine Antibiotikabehandlung zu reduzieren.“

Individuell angepasste Medikamente entwickeln

Auch die Ernährung zeige einen Einfluss auf das Vorhandensein von Butyrat-bildenden Bakterien, die bei pflanzenhaltiger Ernährung zunehmen, im Vergleich zu einem übermäßigen Verzehr von fleischhaltigen Nahrungsmitteln.

Des Weiteren konnte bestätigt werden, dass ein Mangel an Butyrat-bildenden Bakterien mit diversen Volkskrankheiten wie Diabetes, Atheriosklerose oder Fettleibigkeit in Verbindung stehen.

Die Ergebnisse der HZI-Forscher können zukünftig helfen, individuell angepasste Medikamente zu entwickeln, um eine sogenannte funktionelle Dysbiose, ein Mangel einer gesundheitsfördernden Funktion, welche von verschiedenen Bakterienarten ausgeführt werden kann – zu unterbinden und damit das Auftreten von Krankheiten zu verringern.

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI)


Originalpublikation: Pieper D.H. et al.; Colonic Butyrate-Producing Communities in Humans: an Overview Using Omics Data; mSystems, 2017; DOI: 10.1128/mSystems.00130-17

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