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Nervenwachstum im Gehirn anregen

Durch elektrische Stimulation soll sich neues Nervengewebe im Gehirn bilden. © edwardolive / iStock / Thinkstock

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Elektrotherapie bei Depression: Nervenwachstum im Gehirn anregen

Wenn psychotherapeutische und medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, kommt bei schweren Depressionen die sogenannte Elektrokonvulsionstherapie (EKT) zum Einsatz. Bei diesem aufwendigen Verfahren werden im Gehirn der Patienten während einer Kurznarkose Krampfanfälle ausgelöst. Forscher haben nun herausgefunden, dass die elektrische Stimulation die Produktion von neuem Nervengewebe anzuregen scheint.

Oberarzt Prof. Dr. Dr. Udo Dannlowski beschäftigt sich seit vielen Jahren mit systemneurowissenschaftlicher Depressionsforschung und ist Sprecher einer Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Dannlowski arbeitet an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am UKM (Universitätsklinikum Münster) mit dem Klinikdirektor Prof. Dr. Volker Arolt eng zusammen.

In Bezug auf die EKT sagt er: „Man muss sich von der Vorstellung lösen, die viele noch aus der Anfangszeit der Elektrokonvulsionstherapie vor Augen haben. Die Therapie ist heute weit weniger invasiv und hat kaum Nebenwirkungen, muss allerdings etwa zwölf Mal erfolgen“.

Behandlungserfolge voraussagen

Bei etwa 70 Prozent der Patienten mit schwerer Depression, die auf eine konventionelle Behandlung nicht angesprochen haben, verbessert sich die Symptomatik durch EKT – warum, darüber wusste man bislang wenig. Nach Ergebnissen des Forscherteams scheint die elektrische Stimulation bei depressiven Patienten offenbar neues Nervenwachstum im Gehirn anzuregen. Auch andere Autorengruppen hatten bereits Hinweise darauf gefunden.

Bei chronisch depressiven Patienten ist die graue Substanz rund um den Hippocampus im Gehirn nachweislich verringert. Durch die EKT-Behandlung normalisiert sich das Volumen wieder. Bei etwa einem Viertel der Patienten jedoch ist sie unwirksam. Um die Erfolgsaussichten der Behandlung vorab prognostizieren zu können, hat der Psychologe Dr. Ronny Redlich aus Dannlowskis Forschergruppe gemeinsam mit Informatikern ein eigens entwickeltes Computerprogramm eingesetzt, das mit MRT-Bildern von Patienten sozusagen „gefüttert“ wird.

Mit den gesammelten Daten kann das „lernende“ Programm den voraussichtlichen Behandlungserfolg mit einer Zuverlässigkeit von 80 Prozent vorhersagen. „Das ist ein bahnbrechender Erfolg“, freut sich Arolt. „Wenn sich die Ergebnisse bestätigen, müssen wir in Zukunft die Patienten, bei denen die EKT keinen Erfolg verspricht, nun gar nicht erst dieser aufwendigen Behandlung unterziehen, sondern können gleich andere Therapien versuchen.“

Quelle: Universitätsklinikum Münster


Weitere Informationen:

Die Forscher werden nun die Ergebnisse dieser Pionierstudie weiter überprüfen. Dazu suchen sie Patienten mit Depression (entweder im Rahmen eine unipolaren oder einer bipolaren, manisch-depressiven Erkrankung), aber auch gesunde Probanden im Alter von 18-65 Jahren. Nötig ist eine MRT-Untersuchung des Gehirns (keine Röntgenstrahlen). Die Aufwandsentschädigung beträgt 50 Euro.

Info: www.for2107.de, Telefon: 0251-83-57215 oder mrt.studie@uni-muenster.de

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