Das Studienteam verfolgte zwei Patienten mit chronischer Hepatitis E, die zuvor nicht auf Ribavirin angesprochen hatten, und die dann mit einer Kombination aus Sofosbuvir und Ribavirin behandelt wurden. „Die Kombinationstherapie wirkte in beiden Fällen besser als die Behandlung mit nur einem Wirkstoff“, berichtet Dr. André Gömer von der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität Bochum. „Bei beiden Patienten sank die virale RNA im Blut und Stuhl zunächst fast bis zur Nachweisgrenze ab.“ Diese Beobachtung stehe in Einklang mit Erfahrungen aus der Behandlung anderer Viruserkrankungen wie etwa HIV, das ebenfalls mit Kombinationen einzelner Wirkstoffe behandelt wird.
Weg zur nächsten Wirkstoffgeneration
Später war jedoch wieder mehr Hepatitis-E-Virus (HEV) nachweisbar, da resistente Varianten auftraten. Speziell die Varianten namens A1343V und G1634R erwiesen sich als resistent gegen die Kombinationstherapie. „Die Viruslast bewegte sich bei beiden Patienten aber auf geringem Niveau, und die Infektion heilte bei einem von beiden im Verlauf mehrerer Monate ganz aus“, berichtet Dr. Katja Dinkelborg, Klinikerin und Forscherin aus Hannover. „Auch der zweite Patient konnte nach erneuter kurzer Ribavirin-Therapie ausheilen, sodass bei schwerwiegenden Verläufen einer chronischen Hepatitis E nach gescheiterter Ribavirin-Monotherapie eine Kombinationstherapie mit Sofosbuvir in Betracht gezogen werden sollte.“
Dennoch weist das Forschungsteam darauf hin, dass Hepatitis E wegen des Mangels an spezifisch wirksamen Medikamenten weiterhin ein schwerwiegendes globales Gesundheitsproblem bleibt. „Auch wenn Medikamente wie Ribavirin, Interferon und Sofosbuvir Potenzial gezeigt haben, stellt das schnelle Auftreten resistenter Varianten erhebliche Herausforderungen dar“, so das Fazit von Prof. Dr. Benjamin Maasoumy, leitender Oberarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover.
Die aktuelle Studie beleuchtet nicht nur die Wirksamkeit und Grenzen der aktuellen Behandlung, sondern bietet auch wertvolle Einblicke in die evolutionären Dynamiken von HEV und ebnet damit den Weg für die nächste Generation von antiviralen Behandlungen.
Hepatitis E
Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Rund 70.000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forschende sich intensiv des Themas annahmen. Akute Infektionen heilen bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Betroffenen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-Infizierten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
Originalpublikation: André Gömer et al.; Dynamic Evolution of the Sofosbuvir-associated Variant A1343V in HEV-infected Patients Under Concomitant Sofosbuvir-Ribavirin Treatment; JHep Reports, 2024, DOI: 10.1016/j.jhepr.2023.100989