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Neurodegenerative Erkrankungen stoppen

Ferroptotische Nervenzellen im murinen Cortex: Zellkerne sind blau, ferroptotische Zellen grün gefärbt. © Helmholtz Zentrum München

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BMBF-Projekt: Neurodegenerative Erkrankungen stoppen

Mit dem Programm VIP+ möchte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Lücke zwischen Grundlagenforschung und möglichen Anwendungen schließen. Im November 2017 startet auch ein Projekt am Helmholtz Zentrum München: Für ihre Arbeit im Kampf gegen neurodegenerative Erkrankungen erhalten die Wissenschaftler in den kommenden zwei Jahren insgesamt 1,5 Millionen Euro.

Altersbedingte neurodegenerative Erkrankungen gelten als eine der wichtigsten medizinischen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte. Allein in Deutschland leben gegenwärtig mehr als 1,5 Millionen Demenzkranke, wovon zwei Drittel von Alzheimer betroffen sind. Mit Blick auf den demographischen Wandel dürfte die Zahl der Patientinnen und Patienten weiter steigen.

Darüber hinaus gibt es neurodegenerative Erkrankungen, die zum Teil nicht altersassoziiert sind, jedoch trotzdem tödlich verlaufen, wie beispielsweise die Amyotrophe Lateralsklerose oder die Huntington-Krankheit. Obwohl oft unterschiedliche Hirnbereiche und Neuronen betroffen sind, ist der frühe und fortschreitende Verlust von Nervenzellen ein gemeinsames Merkmal dieser Krankheiten.

Neueste Ergebnisse belegen, dass der neuronale Zelltod größtenteils durch regulierte nekrotische Zelltodsignalwege, insbesondere durch die Ferroptose* ausgelöst wird. Diese wichtige Erkenntnis ermöglicht die Entwicklung von Wirkstoffen, die das Absterben von Neuronen verhindern könnten.

Liproxstatine als Neuroprotektiva

In umfangreichen Vorarbeiten konnten Dr. Marcus Conrad und sein Team seit 2012 über 40 000 neue Substanzen auf ihre anti-ferroptotische Eigenschaft untersuchen. Die Substanzklasse der Liproxstatine stach dabei besonders hervor, vor allem aufgrund ihrer hohen zellprotektiven Aktivität, ihrer Medikamenten-ähnlichen Eigenschaft und erfolgreich nachgewiesener Wirksamkeit in Tiermodellen degenerativer Erkrankungen.

In medizinalchemischen Folgearbeiten konnten Moleküle aus dieser Substanzklasse identifiziert werden, die effizient die Blut-Hirn-Schranke überwinden und somit als aussichtsreiche neuroprotektive Medikamente in Frage kommen.

In weiteren Studien konnten die Helmholtz-Forscher um Marcus Conrad erste Hinweise auf den Wirkmechanismus von Liproxstatinen liefern. Nun wollen sie mit dem VIP+ Programm den nächsten Schritt machen und die Wirksamkeit der potenziellen Neuroprotektiva in präklinisch relevanten Neurodegenerationsmodellen untersuchen.

Zentraler Meilenstein

„Neurodegenerative Krankheiten sind bislang gar nicht oder nur unzureichend beziehungsweise symptomatisch behandelbar“, erklärt Marcus Conrad, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Entwicklungsgenetik (IDG) des Helmholtz Zentrums München.

„Ferroptose-Inhibitoren könnten erstmalig zur Entwicklung eines neuen und effektiven Therapieansatzes führen, um dem fortschreitenden Verlust von Nervenzellen frühzeitig vorzubeugen“, fügt IDG-Wissenschaftlerin Dr. Bettina Proneth hinzu.

Entsprechend hoffen die Wissenschaftler, dass im Rahmen des VIP+ Programms ein zentraler Meilenstein erreicht wird, der nicht nur die Grundlage für die weitere präklinische Entwicklung auf dem Weg zur Zulassung und Anwendung darstellt, sondern gleichzeitig ausreichend Interesse bei der Pharmaindustrie und Risikokapitalgebern wecken wird, um die Verwertungschancen des Vorhabens zu erhöhen.

Quelle: Helmholtz Zentrum München


Weitere Informationen: * Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei der 2012 entdeckten Ferroptose um den organisierten Zerfall von Zellen (griechisch ptosis: der Fall), bei dem zelluläres Eisen eine wichtige Rolle spielt (lateinisch ferrum). „Die einzelnen Mechanismen dieses Zelltodes kristallisieren sich erst langsam heraus und unser Team konnte bereits einige wegweisende Arbeiten zum Verständnis der Ferroptose beitragen“, so Dr. Marcus Conrad.

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